„Make Europe Great Again“ – unter diesem Motto haben sich am vergangenen Wochenende Anführer und Unterstützer von Europas Rechtspopulisten in Spaniens Hauptstadt Madrid versammelt. Und mit kaum einem Motto hätte man klarer machen können, wem man sich hier kollektiv an den Hals wirft: dem neuen US-Präsidenten Donald Trump mit seinem Slogan „Make America Great Again“.
Eingeladen hatte die spanische Rechtsaußenpartei Vox, gekommen waren neben fast 2000 Gästen unter anderem die französische Parteiführerin Marine Le Pen, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, der Niederländer Geert Wilders und Italiens ehemaliger Innenminister Matteo Salvini. Vox-Parteichef Santiago Abascal spielte in Spaniens Hauptstadt nicht nur die Rolle des Gastgebers, er ist auch Anführer der „Patrioten für Europa“, jener Formation von Rechtspopulisten, die mit 84 Abgeordneten die drittgrößte Fraktion im EU-Parlament stellt.
PP-Chef Feijóo hat die Brandmauer gegen rechts längst eingerissen
Umfragen zeigen die Ultranationalisten mittlerweile auch in Spanien im sanften Aufwind. Erzielte Vox bei den Parlamentswahlen im Sommer 2023 gut zwölf Prozent, liegt die Partei in Umfragen neuerdings bei 14 Prozent. Vor allem jüngere Menschen finden es cool, sich hart rechts zu geben, teils auch als Protesthaltung gegen das vermeintlich linke Establishment.
Die Brandmauer zwischen Konservativen und Rechtsextremen hat in Spanien nicht nur Risse bekommen, wie in Deutschland. Sie wurde vom Anführer der rechts-konservativen Volkspartei Partido Popular, Alberto Nuñez Feijóo, bereits komplett eingerissen. Feijóo, sozusagen der Friedrich Merz Spaniens, würde sich ohne mit der Wimper zu zucken von den Ultranationalisten zum Regierungschef wählen lassen. Ein entsprechender Versuch scheiterte im Herbst 2023 nur knapp.
Noch sind Spaniens Rechtspopulisten deutlich entfernt von Zustimmungsraten wie in Ungarn, Österreich, den USA und, ja, auch in Deutschland. Doch dürfte das rechte Getöse Regierungschef Pedro Sánchez und seiner sozialistischen Partei derzeit Kopfschmerzen bereiten.
Spaniens Verteidigungsausgaben bilden einen Negativrekord in Europa
Je lauter Spaniens Rechte ihre Bewunderung für Trump kundtun, umso mehr könnte der neue Chef im Weißen Haus seinen Blick auf Spanien richten – und das womöglich im Zorn. Denn was er dort vorfindet, passt ganz und gar nicht zu seinem Weltbild: eine links-sozialistische Regierung und ein Nato-Partner, dessen Verteidigungsausgaben 1,3 Prozent des BIP betragen, Negativrekord in Europa, weit entfernt von den fünf Prozent, die der US-Präsident fordert.
Seit dem 20. Januar muss sich Pedro Sánchez nicht mehr nur gegen die innenpolitischen, mit harten Bandagen ausgetragenen Keilereien wehren (und gegen einige mehr oder weniger glaubhafte Korruptionsvorwürfe), sondern zugleich einen außenpolitischen Drahtseilakt meistern: Er muss mit Donald Trump einen Nenner finden, obwohl es einen solchen kaum gibt.
Pedro Sánchez hat sich für die Grizzly-Taktik entschieden: den Bären möglichst wenig zu reizen. Seine Äußerungen beschränkt er derzeit auf allgemeine Aufrufe gegen die „reaktionäre Internationale“, wie er es nennt, gegen die „Techno-Kaste“, womit er Elon Musk meint. Penibel ist Spaniens Premier darauf bedacht, den neuen amerikanischen Präsidenten nicht beim Namen zu nennen, bemerkte neulich ein Sánchez-Beobachter der Zeitung El País.
Sánchez bekommt nicht nur von rechts Druck, sondern auch von links
Das geschieht allenfalls, wenn es um das Verhältnis von Staatsmann zu Staatsmann geht. Dann verweist Spaniens Premier gerne darauf, dass ein Telefonat mit Trump ausgesprochen positiv verlaufen sei, so auch bei einem informellen Treffen mit ausländischen Journalisten im Januar.
Doch die Stillhaltetaktik wird auf Dauer schwer durchzuhalten sein. Nicht nur macht Vox-Chef Abascal in Spanien und Europa Stimmung für den Trumpismus, er war auch als einziger Vertreter seines Landes bei Trumps Amtseinführung in Washington zugegen. Dort dürfte er sich kaum lobend über die Regierung daheim geäußert haben. Und wie in einer Zange bekommt Sánchez in Sachen Trump nicht nur von rechts Druck, sondern auch von links. Kleinparteien wie Podemos oder die katalanische ERC, auf deren Abgeordnetenstimmen Sánchez angewiesen ist, fordern, dass er stärker Farbe bekenne.
An diesem Mittwoch, bei der ersten parlamentarischen Fragestunde des Jahres, wollen Linkspolitiker wie der ERC-Fraktionsführer Gabriel Rufián von Sánchez wissen, wie er der internationalen „reaktionären Welle“ entgegenzutreten plane. Ione Belarra, einst Podemos-Ministerin im Kabinett Sánchez, fragt die amtierende Regierung, was diese angesichts des „faschistischen Abdriftens“ von Trump zu tun gedenke.
Stillhalten geht anders. Das zeigt in dieser diplomatisch heiklen Situation die konservative Volkspartei Partido Popular (PP) auf besonders auffällige Weise. Das Pendant zur Union in Deutschland, immerhin die größte Fraktion im spanischen Parlament, hat zum Thema Trump praktisch überhaupt keine Position bezogen. Dazu befragt, lavierte der PP-Fraktionsführer am Montag in einem TV-Interview zwischen der Forderung nach einer „respektvollen Beziehung“ zur neuen US-Regierung und der „Besorgnis“, wegen der aus Washington drohenden Strafzölle, die keine Lösung seien. Für den Umgang mit dem Grizzly haben auch die Konservativen Spaniens keine Lösung – außer den Bären möglichst nicht zu reizen.