Spanien:Umstrittener Dialog

Die Opposition schäumt: Madrids Regierungschef Sánchez verhandelt mit der katalanischen Regionalregierung.

Von Thomas Urban, Madrid

Der spanische Premierminister Pedro Sánchez ist am Donnerstag heftig von der konservativen Opposition angegriffen worden, weil er eine Delegation der Regionalregierung aus Barcelona zu Gesprächen über eine Lösung der Katalonienkrise empfangen hatte. Besonders wurde kritisiert, dass der Sozialist den katalanischen Regionalpremier Quim Torra mit einem Protokoll, wie es für ausländische Regierungschefs vorgesehen ist, empfangen hat. Eine Regierungssprecherin erklärte nach dem Treffen, dass Sánchez auf keinen Fall der Forderung Torras nachgeben werde, in Katalonien erneut ein Unabhängigkeitsreferendum durchzuführen.

Die Delegationen vereinbarten, sich einmal monatlich zu treffen. Ob Torra künftig noch dabei sein wird, ist die Frage: Da er sich im Wahlkampf 2019 geweigert hatte, separatistische Symbole von Regierungsgebäuden entfernen zu lassen, hat ihm ein Gericht für anderthalb Jahre die Ausübung politischer Ämter verboten. Torra hat zwar Widerspruch einlegen lassen, doch hat ihm in dem Konflikt sogar das katalanische Regionalparlament die Unterstützung verweigert.

Die Gesprächsbereitschaft von Pedro Sánchez hat einen Hintergrund: Er braucht die Hilfe der Katalanen im Madrider Parlament, um eine Mehrheit für seinen Haushalt zu bekommen. Darüber hinaus möchte er einen Keil in die Regierungskoalition in Barcelona treiben, die von den beiden größten separatistischen Fraktionen gebildet wird. Der rechtsliberale Wahlblock Gemeinsam für Katalonien (JxCat) um Torra und dessen Vorgänger Carles Puigdemont beharrt auf der staatlichen Unabhängigkeit ihrer Heimatregion. Die Linksrepublikaner (ERC) geben sich kompromissbereiter. Die Separatisten hoffen auf Stimmen von Wählern, die zwar nicht eine Sezession Kataloniens unterstützen, die aber über die langen Haftstrafen für einige Separatistenführer empört sind.

Wähler, die so gesinnt sind, brachten den Separatisten bei der letzten Wahl eine knappe Mehrheit der Sitze im Regionalparlament von Barcelona ein. Wenn es Pedro Sánchez gelänge, mit seinem Dialogkurs diese Protestwähler zu besänftigen, würden die Separatisten ihre Mehrheit in Barcelona verlieren.

Der frühere konservative Premierminister José María Aznar attackierte am Donnerstag die Regierung Sánchez scharf. Das von ihm begonnene Dialogforum werde "zerstörerische Folgen" für die verfassungsmäßige Ordnung Spaniens haben, sagte der stramm rechte Politiker. Die konservative Volkspartei (PP), die Aznar lange geführt hat, lehnt jeglichen Dialog mit den Separatisten ab und fordert die Absetzung der katalanischen Regionalregierung unter Torra. Hingegen lobte Aznars sozialistischer Vorgänger, der langjährige Regierungschef Felipe González, die Initiative zum Dialog.

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