Spanien:Risiko

Premier Rajoy will es wissen - und wenn es das politische Ende bedeutet.

Von Thomas Urban

Bislang galt Mariano Rajoy als der große Zauderer, der Aussitzer in der spanischen Politik. Doch nun geht er ein doppeltes Risiko ein, wenn er Ende des Monats das Parlament über seinen Verbleib im Amt des Ministerpräsidenten abstimmen lässt: Seine konservative Volkspartei und die mit ihr in der Wirtschaftspolitik auf einer Linie liegenden liberalen Ciudadanos (Bürger) haben zusammen keine Mehrheit unter den Abgeordneten. Er ist also darauf angewiesen, dass sich bei dem Votum ein Teil der Opposition der Stimme enthält. Und das könnte schiefgehen. Seine politische Karriere wäre damit beendet.

Doch selbst wenn er das Votum überstehen sollte, könnte es, wenn auch mit Zeitverzögerung, auf dasselbe Ergebnis hinauslaufen. Erst einmal stünde Rajoy an der Spitze eines fragilen Minderheitskabinetts. Zum anderen droht den Konservativen ein Untersuchungsausschuss wegen ihrer zahlreichen Korruptionsaffären. Rajoy wird zwar persönlich nicht der Bestechlichkeit verdächtigt, dafür aber der Mitwisserschaft. Er könnte also über einen derartigen Ausschuss stolpern.

Immerhin aber hätte er bis dahin die Gelegenheit, seine Nachfolge zu regeln, was er bislang versäumt hat. Sein Werk, das Land aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen, wird er also vermutlich nicht vollenden können. Doch ist Rajoy schon wiederholt abgeschrieben worden - und dann doch geblieben. Im Fach Taktik ist er gewieft.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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