Nach den Kommunalwahlen:Warum in Spanien an Vox kaum noch ein Weg vorbeiführt

Nach den Kommunalwahlen: Er war einer der Ersten in seiner Partido Popular, die Vox "rechtsextrem" genannt hatten: Parteichef Alberto Núñez Feijóo.

Er war einer der Ersten in seiner Partido Popular, die Vox "rechtsextrem" genannt hatten: Parteichef Alberto Núñez Feijóo.

(Foto: Pierre-Philippe Marcou/AFP)

Spaniens Rechtsextreme feiern die Kommunal- und Regionalwahlen als Erfolg. Die Konservativen können ohne sie kaum regieren. PP-Chef Feijóo muss sich entscheiden zwischen Macht und seinem Gewissen.

Von Karin Janker, Madrid

Mit Vox werde er kein Bündnis schmieden, sagte Alberto Núñez Feijóo einmal. Drei Jahre ist das jetzt her. Damals war Feijóo Regionalpräsident in Galicien, sein Partido Popular (PP) hatte die absolute Mehrheit und Feijóo konnte bequem regieren. Kurz: Er hatte leicht reden. Inzwischen herrschen andere Zeiten. Feijóo ist jetzt Chef des PP in Madrid - mit guten Chancen, Spaniens nächster Premier zu werden. Und plötzlich klingt er anders, wenn er über die rechtsextreme Partei Vox spricht.

Er wolle sich in die Kompetenzen der einzelnen Regionen nicht einmischen, sagte Feijóo an diesem Montag mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen, die nach den Kommunal- und Regionalwahlen nun anstehen. In vielen Kommunen und in vier autonomen Regionen (Aragón, Kantabrien, Balearen und Valencia) dürfte der Partido Popular auf ein Bündnis mit den Rechtsextremen angewiesen sein, um regieren zu können.

Eigentlich steht Feijóo für eine Distanzierung von Vox

Der Wahlsonntag, an dem in zwölf Regionen sowie sämtlichen Kommunen gewählt wurde, hat in Spanien ein politisches Beben ausgelöst. Haushoch hat der Partido Popular gewonnen und den Sozialisten mehrere Metropolen und wichtige Regionen abgejagt. Spaniens sozialistischer Premier Pedro Sánchez zog am Montag seine Konsequenzen, er kündigte die Auflösung des Parlaments sowie Neuwahlen für 23. Juli an.

Für Feijóo und seine konservative Partei ist es ein Wahlerfolg mit üblem Beigeschmack. Die Abschaffung des "Sanchismus" hatte man sich zum Ziel gesetzt. Doch um welchen Preis? Nun, da Premier Sánchez mit seinem kalkulierten Manöver den Wahltermin vom Ende des Jahres auf Juli vorgezogen hat, fallen die Koalitionsverhandlungen, die der PP mit Vox führen muss, genau in die Phase des Vorwahlkampfs. Auf Feijóo könnte das negativ zurückfallen, auch wenn er es gern so aussehen lassen würde, als gingen die Regionalregierungen ihn als Spitzenkandidaten auf nationaler Ebene nichts an.

Denn Feijóo steht als PP-Chef eigentlich für eine Distanzierung von Vox. Er war einer der Ersten in seiner Partei, die Vox "rechtsextrem" nannten. Anders als sein Vorgänger an der PP-Spitze, Pablo Casado, biederte Feijóo sich bisher nicht den Ultrarechten an, sondern versuchte, an seinem Image als Mann der Mitte festzuhalten. Sogar eine große Koalition nach deutschem Vorbild brachte er einmal ins Gespräch. Auch jetzt, nach diesem Wahlsonntag, stellt er wieder in Aussicht, dass in manchen Regionen die meistgewählte Partei auch ohne absolute Mehrheit regieren könnte. Das jedoch würde nur funktionieren, wenn die Sozialisten eine Minderheitsregierung der Konservativen tolerieren würden.

Doch es ist unwahrscheinlich, dass solche wackligen Konstrukte sich in Spanien durchsetzen und bewähren können. Zumal hier nach wie vor ein starkes Blockdenken den politischen Betrieb dominiert. Viel näher liegt da, dass Rechte mit Rechten zusammengehen. Die Konservativen werden nach diesen Wahlen an Bündnissen mit Vox wohl nicht vorbeikommen. Und Vox-Chef Santiago Abascal weiß das.

Orbán begrüßt das Voranschreiten der "rechten Reconquista"

"Unsere Hand ist ausgestreckt", sagte Abascal am Montag in Richtung Partido Popular und rief dazu auf, gemeinsam eine Alternative zum Sozialismus aufzubauen. Das zielte bereits auf die vorgezogene Parlamentswahl im Juli. Nach aktuellem Stand der Umfragen könnte eine Koalition aus PP und Vox dann die absolute Mehrheit im Parlament erringen.

Ein Szenario, das in Brüssel mit Sorge betrachtet werden dürfte. Schließlich übernimmt Spanien am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft und ist dann ein halbes Jahr lang federführend für das Aushandeln von Kompromissen etwa in der Migrationspolitik zuständig. Spaniens Rechtsextreme fordern zwar keinen Ausstieg aus der Europäischen Union, doch sie stehen wie ähnliche Formationen in anderen Ländern mit den EU-Institutionen auf Kriegsfuß und stellten bei diversen Zusammenkünften ihre Sympathie für Politiker wie Viktor Orbán unter Beweis. Letzterer gratulierte Vox prompt zu den "exzellenten" Ergebnissen und freute sich, dass die "rechte Reconquista" in Spanien voranschreite.

Glückwünsche bekam Abascal an diesem Montag auch von Feijóo. Der PP-Chef steht nun vor dem Dilemma, wie er es künftig mit den Rechtsextremen halten will. Als im vorigen Jahr in Kastilien und León der konservative Regionalpräsident eine erste Koalition mit Vox einging, lobte Feijóo den Pakt zunächst als "verantwortungsvoll", ruderte aber tags darauf zurück: Manchmal sei es eben doch besser, auf eine Regierung zu verzichten, als sie auf dem Weg des Populismus zu erreichen. Heute fürchtet er wohl, dass er sich bald das Gleiche sagen lassen muss.

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