Drei Wochen vor dem Nato-Gipfel in Madrid ringt Gastgeber Spanien mit seiner Rolle angesichts des Kriegs in der Ukraine. Einem Bericht der Zeitung El País zufolge ist die linke Regierung in Madrid bereit, als erster Nato-Staat Kampfpanzer aus westlicher Produktion an die Ukraine zu liefern. Demnach plane das spanische Verteidigungsministerium die Lieferung von Luftabwehrraketen und Leopard-Panzern. Verteidigungsministerin Margarita Robles wollte die Information am Montag weder bestätigen noch dementieren. Sie betonte allerdings, dass Waffenlieferungen nur nach Abstimmung mit den europäischen und transatlantischen Partnern stattfänden.
Eine solche Lieferung aus Spanien wäre zweifellos ein erheblicher Schritt: Es wäre das erste Mal, dass die Ukraine moderne westliche Panzer erhielte, um sich gegen die russischen Invasoren zu verteidigen. Aus der SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es zuletzt geheißen, es gebe eine informelle Übereinkunft zwischen den Nato-Staaten, solche Waffen nicht zu liefern. Hintergrund ist offenbar die Befürchtung, den russischen Präsidenten Wladimir Putin damit so zu provozieren, dass die Nato selbst zur Kriegspartei würde.
Die Bundesregierung wurde bisher offenbar nicht informiert
Fest steht wohl, dass eine solche Lieferung von schweren Waffen aus deutscher Produktion nicht ohne die Zustimmung Berlins erfolgen könnte. Nach SZ-Informationen gab es dazu aber bislang keine Anfrage aus Spanien an die Bundesregierung.
Aus der Unionsfraktion im Bundestag wurde der Vorstoß aus Madrid dennoch schon sehr begrüßt. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte der SZ: "Ich erwarte, dass die Bundesregierung rasch, möglichst proaktiv, die dafür notwendige Ausfuhrgenehmigung erteilt." Es werde immer offenkundiger, dass es wohl keine informelle Übereinkunft zwischen den Nato-Staaten gegeben habe, keine westlichen Waffensysteme zu liefern.
Nach den USA kündigte am Wochenende auch Großbritannien die erstmalige Lieferung von Mehrfachraketenwerfern mit hoher Reichweite in die Ukraine an. Kiesewetter fordert, dass nun auch die Bundesregierung Panzer direkt an die Ukraine liefert. "Dass sie dies bislang nicht tat, liegt alleine am fehlenden politischen Willen", sagte er.
Spanien hatte die Panzer 1995 gebraucht von Deutschland gekauft und zuletzt in Zaragoza eingelagert. 40 dieser Fahrzeuge könnten nun offenbar wieder einsatzfähig gemacht werden. Dies würde allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen, heißt es in Madrid.
Die linke Regierung in Madrid sieht sich, ähnlich wie die Bundesregierung, unter Druck: Regierungschef Pedro Sánchez hatte Kiew bei seinem Besuch Ende April weitere militärische und humanitäre Hilfe zugesagt. Doch gemessen am Verteidigungshaushalt käme aus Spanien sehr wenig Unterstützung, kritisierte erst vor wenigen Tagen der ukrainische Botschafter in Madrid, Serhij Pohorelzew. Die Munition, die Spanien bisher geliefert habe, reiche gerade einmal für zwei Stunden Gefecht, so der Diplomat, der konkret die Lieferung von Leopard-Panzern verlangte.