Spanien:Die Rechtspopulisten wollen Sánchez stürzen

Spanien: Pedro Sánchez fühlt sich in der Parlamentsdebatte am Dienstag gezwungen, auf die Vorwürfe von Vox zu reagieren.

Pedro Sánchez fühlt sich in der Parlamentsdebatte am Dienstag gezwungen, auf die Vorwürfe von Vox zu reagieren.

(Foto: Eduardo Parra/DPA)

Das Misstrauensvotum der Partei Vox gegen den sozialistischen Ministerpräsidenten hat kaum Aussicht auf eine Mehrheit. Doch es reicht, um Sánchez unter Druck zu setzen.

Von Nadja Tausche

Ministerpräsident Pedro Sánchez muss sich im spanischen Parlament einem Misstrauensvotum stellen. Initiiert hat das Vorhaben die rechtspopulistische Partei Vox. Es ist davon auszugehen, dass die Partei mit ihrem Vorhaben scheitern wird: Um Sánchez zu stürzen, bräuchte es eine absolute Mehrheit im Parlament. Bisher hat aber keine andere Partei vor, das Votum zu unterstützen. Am Dienstag debattierte das Parlament darüber, die Abstimmung wird für Mittwochmittag erwartet. Das eigentliche Ziel dürfte aber sowieso nicht sein, eine Mehrheit zu finden - sondern die Regierung des Sozialisten Sánchez vor sich herzutreiben.

Vox-Parteichef Santiago Abascal begründete den Schritt damit, dass Sánchez den Staat "zerstöre" und dessen Institutionen "angreife". Er wirft dem sozialistischen Ministerpräsidenten unter anderem die "Förderung der illegalen Einwanderung" sowie die Zusammenarbeit mit separatistischen Parteien der Regionen Katalonien und Baskenland vor. Niemand könne sagen, sagte Abascal bei der Ankündigung des Votums, dass Vox tatenlos zuschaue, "während diese Regierung das Zusammenleben, die Freiheit, die Demokratie und die nationale Einheit zerstört".

Der Kandidat der Rechtspopulisten ist der 89-jährige Ramón Tamames, Ex-Politiker und Ökonom. Sollte das Misstrauensvotum durchgehen, würde theoretisch Tamames die Regierung übernehmen - Vox hat allerdings angekündigt, in diesem Fall Neuwahlen durchführen zu wollen. Diese würden dann im Mai stattfinden. Allerdings wählt Spanien im Dezember sowieso eine neue Regierung.

Der Chef der Konservativen kritisiert die "parlamentarische Show"

Ziel der Rechtspopulisten ist also nicht zu zeigen, dass das Parlament nicht mehr hinter dem Ministerpräsidenten steht, und ihn dann mit dem aus ihrer Sicht geeigneteren Kandidaten Tamames zu ersetzen. Vielmehr gehe es Vox einfach nur darum, den Ministerpräsidenten des Amtes zu entheben, analysiert die spanische Zeitung El País. Man darf davon ausgehen, dass die Partei mit dem Vorhaben Stimmung gegen Sánchez machen will.

Bei der Debatte, die live im Fernsehen und im Internet übertragen wird, nutzt Vox-Parteichef Abascal zumindest jede Gelegenheit, die Regierung so schlecht wie irgend möglich dastehen zu lassen. Kandidat Tamames selbst streift bei seiner Rede verschiedenste Themen von der Wohnungssituation bis zur niedrigen Geburtenrate, auch er kritisiert Sánchez für alle Probleme, die das Land hat. Der Ministerpräsident sieht sich dann auch gezwungen, sich in seiner Rede im Parlament zu rechtfertigen.

Deutliche Kritik an dem Misstrauensvotum kommt von Alberto Núñez Feijóo, dem Vorsitzenden der konservativen PP. Ein Misstrauensantrag sei "ein verfassungsrechtliches Kontrollinstrument des Parlaments über die Exekutive", zitiert ihn der Nachrichtensender La Sexta. Das Votum von Vox dagegen bezeichnete er als "parlamentarische Show". Die Politikwissenschaftlerin Sandra León wiederum sieht das Votum als Chance. Es sei eine gute Möglichkeit für die restlichen Parteien, Einigkeit zu demonstrieren, sagte sie La Sexta. Zuletzt hatte sich die Koalition wegen der Verschärfung des Sexualstrafrechts zerstritten, dann aber immer wieder betont, dass die Regierung daran nicht zerbrechen werde.

Es ist bereits das zweite Mal in dieser Legislaturperiode, dass Vox versucht, die Regierung zu stürzen. Im Oktober 2020 stimmten die anderen Parteien geschlossen gegen das Misstrauensvotum. Seit Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975 gab es in Spanien sechs solcher Abstimmungen. Sie waren alle gescheitert, bis auf die im Jahr 2018: Damals hatte Pedro Sánchez per Misstrauensvotum seinen Vorgänger Mariano Rajoy im Amt abgelöst.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusGleichstellung
:Spanien will verpflichtende Geschlechterparität

Ministerpräsident Pedro Sánchez hat ein neues Gesetz angekündigt, das einen Anteil von mindestens 40 Prozent Frauen in der Regierung und in den Vorständen großer Unternehmen garantieren soll.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: