In einer Eilentscheidung hat ein Gericht in der spanischen Exklave Ceuta die Abschiebungen minderjähriger Migranten nach Marokko ausgesetzt. Die Rückführungen, die am vergangenen Freitag begonnen hatten, müssen nun für mindestens 72 Stunden pausieren. So lange hat das spanische Innenministerium Zeit zu belegen, dass für jeden Betroffenen eine Einzelfallprüfung stattgefunden habe. Die zuständige Richterin in Ceuta bezweifelt "die Rechtmäßigkeit der ergriffenen Maßnahmen".
Etwa 700 bis 800 Kinder und Jugendliche sitzen seit drei Monaten in der spanischen Exklave an der afrikanischen Mittelmeerküste fest, die meisten von ihnen stammen aus Marokko. Sie waren am 17. und 18. Mai zusammen mit zirka 10 000 anderen Migranten über die Grenze nach Ceuta und damit de facto nach Europa gelangt. Marokkos Grenzbeamte hatten damals vorübergehend die Kontrollen eingestellt. Erwachsene Migranten waren sofort nach ihrer Ankunft zurück nach Marokko gebracht worden, im Fall von Kindern gibt es für ein solches Vorgehen jedoch keine rechtliche Grundlage.

Migration:Sie träumen von Europa
Seit Monaten sitzen Hunderte minderjährige Migranten in der spanischen Exklave Ceuta fest. Nun sollen sie abgeschoben werden - trotz heftiger Proteste.
Spanien wirkte zuletzt auf eine Entschärfung der diplomatischen Krise mit Marokko hin. Die Einigung auf die Rückführung der minderjährigen Migranten zeugte von einem Durchbruch. In Ceuta war man mit der Unterbringung und Versorgung der jungen Menschen überfordert, langfristig können sie dort nicht bleiben. Die Abschiebung von täglich 15 Minderjährigen, auf die sich Spanien und Marokko geeinigt haben, kritisieren jedoch sowohl Mitglieder der linken Regierung in Madrid als auch internationale Menschenrechtsorganisationen scharf.
Innenminister Fernando Grande-Marlaska versicherte am Montag, dass "schutzbedürftige" Migranten nicht abgeschoben würden. Doch die entscheidende Frage, die sowohl die Menschenrechtler als auch die Richterin in Ceuta stellen, lautet: Kann bei den Massenabschiebungen überhaupt festgestellt werden, ob jemand schutzbedürftig ist? Helfer vor Ort gehen davon aus, dass mindestens ein Viertel der Kinder und Jugendlichen aus ihrer Heimat geflohen sind, weil sie dort von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch bedroht waren.