Spanien:Kampf zweier Schwacher

Kataloniens Abspaltung ist noch längst nicht besiegelt.

Von Thomas Urban

Auf den ersten Blick gleicht der Konflikt über die Unabhängigkeit der wirtschaftsstarken Region Katalonien den sprichwörtlichen Lokomotiven, die ungebremst auf einem Gleis aufeinander zurasen. Bei zweiten Blick sieht man, dass es auch weniger dramatisch ausgehen könnte.

Denn derzeit spricht alles dafür, dass die beiden Hauptprotagonisten des Konflikts demnächst abtreten müssen: Mariano Rajoy, Chef der konservativen Zentralregierung in Madrid, hat kaum Chancen, nach der bevorstehenden Parlamentswahl im Amt bestätigt zu werden. Sein Kontrahent Artur Mas, bislang Chef der katalanischen Regionalregierung in Barcelona, findet indes keine Mehrheit für seine Wiederwahl. Hinzu kommt, dass die Verfechter von Kataloniens Unabhängigkeit zwar nach der Regionalwahl im September über eine knappe Mehrheit im Parlament von Barcelona verfügen, doch sind sie eigentlich politisch stark geschwächt: Denn sie haben nur 48 Prozent der Stimmen bekommen. Nach aller Erfahrung reicht dies nicht, um das Ziel der staatlichen Unabhängigkeit zu erreichen.

So sehr also Rajoy von Anfang an psychologisch sehr ungeschickt in dem Konflikt agiert hat, so sehr haben sich auch seine Kontrahenten in Barcelona verrannt. Nach der gesamtspanischen Wahl in sechs Wochen dürfte also neu ausgelotet werden, ob es doch noch Chancen für einen Kompromiss gibt.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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