Inflation in Spanien:Ein Deckel für die Milch

Obststand in Spanien

Alles wird teurer, auch Obst und Gemüse: Im August lagen die Verbraucherpreise in Spanien 10,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor.

(Foto: María José López/dpa)

Um der massiven Inflation zu begegnen, will Spaniens Arbeitsministerin Díaz einen Festpreis für Grundnahrungsmittel. Doch die Supermarktbetreiber sind dagegen - und auch in der eigenen Regierung gibt es Widerspruch.

Von Celine Chorus

Die spanische Arbeitsministerin Yolanda Díaz ist mit ihrer Forderung, die Preise von Grundnahrungsmitteln zu begrenzen, auf Widerstand gestoßen. Nach einer ersten Sondierungsrunde hat sich die Industrie gegen ihren Vorschlag ausgesprochen, einen Einkaufskorb mit Lebensmitteln zu einem Festpreis einzuführen. Die Vertriebsverbände, die Supermärkte wie Mercadona, Alcampo oder Lidl vertreten, sind der Ansicht, dass der Vorschlag nicht geeignet sei, um das Problem der steigenden Preise zu lösen. Ein Treffen zwischen Díaz (Unidas Podemos), dem spanischen Verbraucherschutzminister Alberto Garzón (Izquierda Unida) und den Händlern endete am Montag ohne Einigung.

Um die Folgen der Inflation abzufedern, hatte Díaz in der vergangenen Woche erklärt, die Preise bis Weihnachten einfrieren zu wollen. Der von ihr vorgeschlagene Einkaufskorb soll frische Produkte, darunter Fleisch, Fisch, Gemüse, Eier und Milchprodukte, enthalten und eine gesunde Ernährung garantieren. In Reaktion auf den Vorschlag der Ministerin hatte die französische Supermarktkette Carrefour für ihre spanischen Filialen bereits angekündigt, ein Paket mit 30 Grundnahrungsmitteln für 30 Euro verkaufen zu wollen.

Auch innerhalb der spanischen Regierung sorgt Díaz' Vorschlag seit Tagen für Unruhe: Landwirtschaftsminister Luis Planas (PSOE) betonte, dass solche Entscheidungen stets über sein Ministerium laufen müssten und er nicht beabsichtige, in diese Richtung zu handeln. Zudem warnte das spanische Kartellamt (CNMC), dass jede Vereinbarung zwischen Supermarktbetreibern, Höchstpreise für bestimmte Lebensmittel festzulegen, gesetzlich verboten sei. Darauf angesprochen versicherte Díaz, dass ihr Vorschlag völlig legal sei und das Handelsgesetz in dieser Hinsicht Ausnahmen erlaube.

Die Händler wollen lieber eine Mehrwertsteuersenkung

Solch eine Vereinbarung bezeichneten die Vertriebsverbände bei ihrem Treffen mit Díaz jedoch als "nicht durchführbar und kontraproduktiv". Stattdessen hätten sie andere Maßnahmen vorgeschlagen, die sie für effizienter halten, darunter auch eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer: "Es wäre möglich zu prüfen, bei welchen Produkten der Mehrwertsteuersatz von 21 auf zehn Prozent und bei welchen Produkten er von zehn auf vier Prozent gesenkt werden könnte", so Ignacio García Magarzo vom Spanischen Verband der Vertriebshändler, Selbstbedienungsläden und Supermärkte (Asedas). Zu überlegen sei auch, ob Grundnahrungsmittel gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit werden könnten.

Die Inflation ist in Spanien so hoch wie seit fast vier Jahrzehnten nicht mehr. Im August sind die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,5 Prozent gestiegen, wie das Statistikamt INE am Dienstag mitteilte. "In diesem Fall sind es die großen Vertreiber, wie die großen Energieunternehmen oder die großen Banken, die die höchsten Gewinnspannen erzielen", sagte Arbeitsministerin Díaz.

Trotz der Bedenken aus der Industrie will sie sich noch nicht von ihrer Idee verabschieden. Nach der Sondierungsrunde, die etwas mehr als eine Stunde dauerte, betonte sie, dass die Supermärkte durchaus in der Lage seien, den vorgeschlagenen Einkaufskorb zu realisieren: "Wir können von denen, die am meisten haben, Anstrengungen verlangen", appellierte sie an die spanischen Vertriebsverbände. Sie hat die Teilnehmer zu einem erneuten Treffen in den kommenden Tagen eingeladen.

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