Sie sei in der gegenwärtigen Krise das "logische und natürliche Gegenmittel", so heißt es in den Gängen des spanischen Regierungspalasts Moncloa über Carolina Darias. Gemeint ist natürlich die Covid-Krise, und auch wenn die neue Gesundheitsministerin natürlich keinen medizinischen Wirkstoff im engeren Sinne mitbringt, so traut ihr Regierungschef Pedro Sánchez doch zu, den weiteren Abwehrkampf in einem der weltweit am schlimmsten von der Seuche betroffenen Länder zu organisieren.
Bei dieser Aufgabe geht es in Spanien in erster Linie um die Moderation zwischen den autonomen Regionen, von denen einige Front gegen die links-linke Regierung aus Sozialisten (PSOE) und Unidas Podemos in Madrid machen, wo sie nur können - wie eben erst wieder die konservative Regionalpräsidentin von Madrid, Isabel Díaz Ayuso, die klarstellte, weitere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit kämen für sie nicht infrage. Die Regierung Sánchez drohte am Donnerstag mit Intervention, Díaz Ayuso konterte kühl: "Sollen sie doch."
Für solche Auseinandersetzungen, die immer auch Lagerkämpfe sind, bringt Carolina Darias die nötige Erfahrung mit. Die 55-Jährige aus Las Palmas auf den Kanaren war bisher Territorialministerin und als solche für die Beziehungen zwischen Regionen und Zentralregierung zuständig, einer der heikelsten Posten, die die spanische Politik zu bieten hat. Man kann nicht behaupten, dass es um diese Beziehungen gut gestanden hätte in letzter Zeit. Mit ein Grund für die stets verwirrenden Corona-Zahlen aus Spanien ist das Hickhack um Testmethoden, Zählweisen und Einschränkungen. Vor allem Katalonien erwies sich stets als renitent.
Salvador Illa gilt als der "nette Katalane"
Genau dort soll nun der bisherige Amtsträger im Madrider Gesundheitsministerium, Salvador Illa, am 14. Februar die Wahlen für die Sozialistische Partei gewinnen. Pedro Sánchez setzt ganz auf den "Illa-Effekt", um die PSOE von ihren zuletzt desaströsen Ergebnissen im Nordosten wegzubringen. Illa gilt als der "nette Katalane", wie ihm auch rechtskonservative Medien zugestehen, also als ein Vertreter seiner Heimat, der zum Dialog fähig sei und nicht auf die anderen spanischen Regionen herabschaue wie auf eine Art arme Verwandte, wie der Kolumnist José García Domínguez kürzlich in Libertad Digital schrieb. Illa könne deshalb gewinnen.
Umfragen allerdings sehen eine mögliche Koalition nach Madrider Vorbild aus Sozialisten und den Linksalternativen von Catalunya en Comú-Podem derzeit weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Diese Formel kommt in den Städten wie Barcelona gut an, wo ja auch die Linksalternative Ada Colau Bürgermeisterin ist. Im ländlichen Katalonien haben jedoch die Linksrepublikaner (ERC) und das Bündnis Junts per Catalunya des abgesetzten und geflohenen Separatisten Carles Puigdemont klar die Nase vorn.
Nötig wird die Neuwahl, weil der bisherige Regionalpräsident Quim Torra Ende September von der spanischen Justiz wegen Ungehorsams seines Amts enthoben wurde. Er hatte sich geweigert, Separatistensymbole aus öffentlichen Einrichtungen zu entfernen. Seitdem regiert Pere Aragonès von der ERC, die Madrid erst kürzlich im Gegenzug zur Zustimmung zum spanischen Staatshaushalt allerhand finanzielle Zugeständnisse in Milliardenhöhe abgerungen hat. Die ERC tritt gemäßigter auf als die Puigdemont-Partei, Verhandlungen dieser Art sind ihre Methode. Für Puigdemont selbst sind die Chancen auf eine Rückkehr gesunken, seit sein Freund Torra nicht mehr regiert, wackelt seine Position in der Partei.
Separatisten ringen um Aufmerksamkeit
Die Separatisten hoffen nun, dass durch den Wahlkampf ihr Lieblingsthema, die Abspaltung von Spanien, wieder mehr in den Vordergrund tritt, sie leiden darunter, dass ihnen die Pandemie die Schlagzeilen raubt. Eine für sie gute Nachricht kam am Donnerstag: Neun zu langen Haftstrafen verurteilte Separatistenführer dürfen Wahlkampf machen, in ihrem Lager gelten sie als Märtyrer und Helden. Den Politikern und Aktivisten werde von Freitag an offener Vollzug gewährt, teilte das regionale Justizministerium am Donnerstag in Barcelona mit. Ob die Wahl wirklich stattfinden kann, ist angesichts der Pandemie fraglich, von einer Verschiebung auf Mai ist die Rede.
Spanien könnte derzeit politische Stabilität gut gebrauchen. Das Land steht durch die Pandemie-Gegenmaßnahmen wirtschaftlich am Abgrund, es gibt wieder Schlangen vor Suppenküchen wie im Frühjahr 2020. Laut El País hat die Pandemie im Jahr 2020 mehr als 620 000 Jobs vernichtet. Eine Erholung ist ohne Tourismus ausgeschlossen.