Spanien:Annäherung adé

Rising Tension In Catalan Political Crisis

Kurz sah es so aus, als könne es eine Entspannung geben. Doch Carles Puigdemonts Auftritt am Abend in Barcelona machte diese Hoffnung zunichte.

(Foto: Jack Taylor/Getty Images)

Kataloniens Regionalpräsident Puigdemont macht klar, dass er auf Konfrontationskurs zur Zentralregierung in Madrid bleibt. Eine vorgezogene Neuwahl lehnt er ab.

Von Thomas Urban, Madrid

Im Konflikt zwischen den Regierungen in Madrid und in Barcelona um die Zukunft der Region Katalonien haben sich am Donnerstag die Fronten weiter verhärtet. Zunächst hatten spanische Medien unter Berufung auf Quellen im Regierungspalast von Barcelona verbreitet, dass der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont Neuwahlen ankündigen werde. In Madrid wurde diese Information mit Erleichterung aufgenommen, denn genau dies hatte Premierminister Mariano Rajoy gefordert. Für eine kurze Zeit sah es so aus, als könne es Entspannung geben in der spanischen Staatskrise.

Doch als Puigdemont am frühen Abend vor die Mikrofone trat, überraschte er die Fernsehzuschauer im ganzen Land - schon wieder: Es werde keine Neuwahlen geben. Die Zentralregierung unter Rajoy habe keine Garantie gegeben, dass sie in diesem Falle auf die bereits angekündigte Absetzung der Führung in Barcelona verzichte, begründete Puigdemont seinen Schritt.

In den Stunden zuvor hatte es in Barcelona hinter den Kulissen einen heftigen Streit über die Frage gegeben, ob Neuwahlen wirklich der Weg zum erklärten Ziel der Regierungskoalition in Barcelona sein können - zu einer Sezession Kataloniens vom Königreich Spanien. Vor dem Regierungspalast versammelten sich mehrere Tausend Demonstranten, die "Betrug" und "Puigdemont - Verräter" riefen. Als seine Rede auch außerhalb des Gebäudes übertragen wurde, brandete jedoch Beifall auf. Im Sprechchor wurde er aufgefordert, sofort die Unabhängigkeit Kataloniens auszurufen.

Erneut kritisierte Puigdemont die Ankündigung Rajoys, dass gemäß Artikel 155 der Verfassung die Regionalregierung abgesetzt werde, falls diese nicht "zur Legalität zurückkehrt". Artikel 155 erlaubt die Aussetzung der autonomen Rechte einer Region, falls deren Führung dem nationalen Interesse Spaniens schadet. Das Verfassungsgericht hat das vom Parlament in Barcelona beschlossene Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober in diesem Sinne für illegal erklärt. In Madrid wurde erwartet, dass der dafür zuständige Senat, das Oberhaus des spanischen Parlaments, an diesem Freitag der Absetzung des Kabinetts Puigdemont zustimmt. Es wäre das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass Artikel 155 angewandt würde.

In seiner kurzen Ansprache stellte Puigdemont klar, dass er weiter auf die Konfrontation mit Madrid setze. Er erklärte nämlich, dass er dem Parlament in Barcelona die Umsetzung des Wählerauftrags vom 1. Oktober empfehle. Mit anderen Worten: Puigdemont wird weiterhin die Entscheidungen des Verfassungsgerichts missachten. Bei dem Referendum, das wegen der Übergriffe von prügelnden Polizisten international Schlagzeilen machte, haben 90 Prozent der Wähler für die Ausrufung einer unabhängigen Republik Katalonien gestimmt. Allerdings lag die Beteiligung nur bei 42 Prozent.

Auch bei den Regionalwahlen 2015 hatten die Verfechter der Unabhängigkeit bei einer Beteiligung von 77 Prozent nur 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt, was allerdings zu einer knappen Mehrheit im Parlament reichte. Rajoy und die Sprecher der anderen großen Parteien werfen Puigdemont und seinen Mitstreitern daher vor, sie strengten die Sezession von Spanien an, obwohl ihr Kurs von weniger als 40 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt werde.

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