Die Arbeit von Geheimdienstlern stellen sich die meisten Menschen spannend vor, doch die Wirklichkeit ist oft anders - nervig, langweilig, Buchhalterzeug.
In diesen Tagen werden in der Abteilung Technische Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) Überstunden geschoben. Mitarbeiter suchen aus Onlinehandelsregistern und Firmenverzeichnissen die Namen Tausender deutscher und europäischer Firmen heraus und man erzählt sich in Pullach, dass sogar die alten Branchenbücher wieder zu Ehren kommen. Die Namen der Firmen jedenfalls werden in Handarbeit in eine Computer-Datei eingegeben, die den etwas allgemein klingenden Namen "deutsche und europäische Interessen" trägt.
Diesmal geht es nicht darum, Spionageziele zu erfassen. Es geht darum, die Firmen vor Spionage zu schützen. So wollen es das Kanzleramt und auch BND-Präsident Gerhard Schindler. Das Verfahren ist genau geregelt. In einer "Filterstufe 3", in der vor allem Konzerne standen, werden die Namen auch kleinerer Firmen eingegeben. Wer hier steht, der ist - so lautet die Theorie - zumindest in Bad Aibling vor Ausspähaktionen geschützt. Die Tüftelei ist nicht nur mühsam, vielleicht ist sie sogar überflüssig. BND und Kanzleramt haben, wie in Teilen der gestrigen Auflage berichtet wurde, einen radikalen Schnitt gemacht.
Misstrauen zwischen BND und NSA
Seit Anfang der Woche wird in Bad Aibling der Internet-Verkehr, der bislang an die NSA weitergeleitet wurde, nicht mehr erfasst. Dies ist eine Reaktion von Regierung und Dienst auf den Versuch der NSA, über die Anlage vor allem Politiker und Institutionen in Europa auszuspähen. Die BND-Außenstelle in Bad Aibling pflegte offenbar ein Eigenleben. Und die Bremse kann, wie überall auf der Welt, nur von oben gezogen werden.
Weil sich die Amerikaner nicht an die Regeln gehalten hatten, verlangten die Deutschen, die NSA solle beim Internet-Verkehr genau begründen, wer warum erfasst werden sollte. Das sei, jedenfalls schnell, nicht möglich, soll die NSA erklärt haben. Dann verzichte man lieber auf die Daten, Vermutlich wird eine Begründung nie folgen. Der US-Geheimdienst lässt sich nicht in den Schwitzkasten nehmen.
Die ganz große Freundschaft der Partner-Dienste scheint, fürs Erste zumindest, empfindlich gestört zu sein. In das Verhältnis zwischen NSA und BND hat sich Misstrauen eingeschlichen. Die Bundesregierung bemüht sich nach Kräften, die Angelegenheit nicht wie eine Strafaktion aussehen zu lassen, denn vor einem heftigen Streit mit der US-Regierung und ihrer NSA schreckt das Kanzleramt zurück. Gerade in diesen Zeiten setzt die Bundesregierung auf die Zusammenarbeit, etwa wenn es um die Überwachung deutscher Islamisten in Syrien und im Irak geht. Die Kooperation soll auf keinen Fall gefährdet werden. Entscheidende Hinweise wie im Fall der Sauerland-Zelle kamen einst von der NSA - und verhinderten einen großen, auf deutschem Boden geplanten Anschlag.