Sozialstaat:SPD will "neues Kindergeld" einführen

Für jedes Kind könnte es dem Plan zufolge bis zu 478 Euro geben.

Von Henrike Roßbach und Mike Szymanski, Berlin

Die SPD will das Kindergeld reformieren und mit weiteren Sozialleistungen zu einer neuen Kindergrundsicherung zusammenführen. Das geht aus dem Entwurf für ein Konzept zur "sozialdemokratischen Kindergrundsicherung" hervor, das im Dezember auf dem Parteitag der Sozialdemokraten beschlossen werden soll und der Süddeutschen Zeitung vorliegt. In dem Papier heißt es: "Wir wollen für alle 17,8 Millionen kindergeldberechtigten Kinder und Jugendlichen eine einfach zugängliche und verlässliche staatliche Leistung einführen."

Das "neue Kindergeld" soll aus einem Basisbetrag von 250 Euro je Kind bestehen. Hinzu kommen Zuschläge für Familien mit geringen Einkommen. "Je ärmer die Familie ist, desto höher wird die Geldleistung sein", sagte die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Je nach Lebensalter der Kinder erhöht sich das Kindergeld auf bis zu 400 Euro (für Kinder bis sechs Jahre), auf bis zu 458 Euro (zwischen sechs und 13 Jahre) und bis zu 478 Euro (Kinder ab 14 Jahre). Wie viel Geld eine Familie exakt bekommt, will die SPD vom Einkommen abhängig machen und dabei gestaffelt vorgehen. "So wollen wir sicherstellen, dass es sich für Eltern tatsächlich immer auch lohnt, mehr Geld zu verdienen", heißt es im Konzept. 30 Euro vom neuen Kindergeld sollen laut Konzept "zweckgebunden für das Kind direkt auf ein persönliches Teilhabekonto" überwiesen werden - für Sportverein, Freizeitangebote, Musikunterricht oder Ähnliches. Alle Kinder sollen eine "Kinderkarte" erhalten, die - wenn es nach dem Willen der SPD geht - auch noch kostenfreies Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht.

Der Steuerfreibetrag soll gekürzt werden. Das ist juristisch riskant

Das neue Kindergeld würde das bisherige Kindergeld ersetzen, aber auch die bisher geltenden Kinderfreibeträge, den Kinderzuschlag, die Kinderregelsätze in der Grundsicherung und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets. Auch der pauschale Wohnkostenanteil für Kinder in Hartz-IV-Familien wäre mit abgedeckt; höhere Kosten würden den Leistungen der Eltern zugeschlagen. Als problematisch könnte sich erweisen, dass die SPD den "Steuerfreibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung" kürzen will.

Bislang bekommen Eltern entweder Kindergeld, oder sie profitieren vom steuerliche Kinderfreibetrag, zu dem auch der Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung gehört. Diese Freibeträge sind verfassungsrechtlich geschützt. Ob Kindergeld oder Kinderfreibetrag günstiger ist, entscheidet das Finanzamt. Es ist allerdings so, dass Familien mit höheren Einkommen durch den Freibetrag mehr Geld sparen, als weniger gut verdienende Familien durch das Kindergeld erhalten.

Das will die SPD ändern, indem der Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung um die Hälfte gesenkt wird. Dann kämen auch Gutverdiener nur noch auf einen Steuervorteil in Höhe des Basissatzes des neuen Kindergeldes. Die Grünen haben kürzlich eine ähnlich konstruierte Kindergrundsicherung vorgeschlagen, sie sehen allerdings einen "Garantiebetrag" von 280 Euro vor. Dies entspreche der maximalen steuerlichen Entlastung durch den Kinderfreibetrag. Umsetzen wollen die Sozialdemokraten ihr Vorhaben "in der nächsten Legislaturperiode".

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