Sozialleistungen:Lob und Tadel für Gabriels Kindergeld-Idee

Die CSU befürwortet die Forderung des SPD-Vorsitzenden, EU-Ausländern die Leistungen zu kürzen, wenn das Kind nicht in Deutschland lebt. Grüne und Linke kritisieren den Vorstoß.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Der Vorschlag von SPD-Chef Sigmar Gabriel, das Kindergeld für EU-Ausländer in bestimmten Fällen zu kürzen, hat in Berlin eine hitzige Debatte ausgelöst. Grüne und Linke kritisierten den Vorstoß scharf. Lob kam hingegen von der CSU. Gabriel hatte gesagt: "Wenn ein Kind nicht bei uns lebt, sondern in seinem Heimatland, dann sollte auch das Kindergeld auf dem Niveau des Heimatlandes ausgezahlt werden." Es gebe in Europa ein Recht auf Zuwanderung in Arbeit, aber kein Recht auf Zuwanderung in Sozialsysteme ohne Arbeit. In manchen Großstädten Deutschlands existierten ganze Straßenzüge mit Schrottimmobilien, in denen Migranten nur aus einem Grund wohnten: "Weil sie für ihre Kinder, die gar nicht in Deutschland leben, Kindergeld auf deutschem Niveau beziehen", sagte Gabriel der Funke Mediengruppe.

Grünen-Chefin Simone Peter hält von dieser Forderung nichts. Gabriel wolle "bei der Stimmungsmache gegen Zuwanderer offenbar nicht hinter der Union zurückstehen, die mit ihrem Parteitagsbeschluss zum Doppelpass den Wahlkampf um rechte Stimmen eröffnet hat", sagte sie dem Tagesspiegel. Man müsse sich über den Zulauf zur AfD nicht wundern, "wenn sich die politische Auseinandersetzung auf diesem Niveau einpendelt". Durch solche Aussagen würden nur Ressentiments geschürt, sagte Peter. Auch die Linkspartei kritisierte Gabriels Vorstoß scharf: "Das ist ein durchsichtiges Manöver zulasten der Kleinsten", kritisierte Linken-Vorsitzende Katja Kipping. Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, verwies hingegen darauf, dass ihre Partei schon lange darauf poche, dass das Kindergeld den Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes angepasst werden müsse. Wenn der SPD-Vorsitzende nun auf diesen Kurs einschwenke, sei das "gut und notwendig". Gabriel wartet nach seinen Worten seit Monaten darauf, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Vorschlag für eine solche Kürzung des Kindergeldes vorlegt. Dessen Ministerium erinnerte jedoch an die europäische Rechtslage. Die EU-Kommission habe eine Initiative vorgelegt, nach der das Kindergeld nicht an das Preisniveau im Aufenthaltsland des Kindes angepasst werden solle. Das Ministerium bedauere dies und prüfe, "welche Möglichkeiten das Europarecht lässt, dennoch zu einer Änderung zu kommen". Nach Angaben der EU-Kommission fließt innerhalb der Europäischen Union nur weniger als ein Prozent der Leistungen für Kinder von einem Mitgliedstaat in einen anderen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: