Soziale Unruhen in Israel:85 Festnahmen bei Protesten in Tel Aviv

Sie sollen Straßenblockaden errichtet und sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert haben: In Tel Aviv sind 85 Menschen festgenommen worden, nachdem eine zunächst friedliche Demonstration in Gewalt umschlug. Die Streitpunkte: soziale Ungleichheit - und natürlich die Zelte.

85 Demonstranten sind von der israelischen Polizei festgenommen worden. Einige von ihnen sollen ein Zelt aufgeschlagen haben. Zuvor hatten sie protestiert gegen die Festnahme einer Aktivistin, der das Gleiche vorgeworfen wird: Sie soll ebenfalls versucht haben, Zelte aufzuschlagen auf dem Rothschild-Boulevard in Tel Aviv. Die temporären, rustikalen Behausungen sind zu einem Symbol geworden für den Protest gegen die soziale Ungerechtigkeit.

Social protest leader Daphne Leef arrested in protest in Tel Aviv

Weil Aktivistin Daphni Leef (im Bild) am Freitag festgenommen wurde, gingen am Wochenende etwa 1500 Israelis auf die Straße. Der Protest schlug in Gewalt um, 85 Demonstranten wurden verhaftet.

(Foto: dpa)

Vor den Festnahmen war die zunächst friedliche Demonstration auf den Straßen Tel Avivs in der Nacht in Gewalt umgeschlagen. Demonstranten sollen Fenster eingeschlagen, Straßenblockaden errichtet und sich gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert haben. Die Polizei warf den festgenommenen Demonstranten vor, den Verkehr auf einem Boulevard blockiert und die Fenster von fünf Banken eingeschlagen zu haben. Darin soll angeblich das Zelt aufgeschlagen worden sein. Gegenstand des Protests war die Festnahme von zwölf sozialen Aktivisten am Freitag, darunter die Studentin Daphni Leef. Der Grund: ihr Versuch, Zelte aufzuschlagen.

Zelte als Symbol des Protests

Leef hatte im Sommer des letzten Jahres eine Protestbewegung gegen Wohnungsnot und gestiegene Lebenshaltungskosten initiiert, als sie auf dem Boulevard im Zentrum der Stadt ein Zelt aufgeschlagen hatte, weil sie keine günstige Wohnung fand. Hunderte junge Leute folgten damals ihrem Beispiel. Die Massenproteste erreichten am 3. September ihren Höhepunkt, als eine halbe Million Menschen auf die Straße ging. Aus einem Studenten-Zeltlager wurde die größte derartige Demonstration in der Geschichte des Landes, die zunehmend auch Teile der Mittelschicht mobilisierte. Als Reaktion richtete Regierungschef Benjamin Netanjahu eine Expertenkommission ein und beschloss eine Reform zur Entlastung der Mittelschicht durch Steuersenkungen.

Experten diskutierten nun in israelischen Medien, ob es sich bei der Festnahme um einen Versuch der Regierung handle, wieder aufflammende Proteste gegen die soziale Ungleichheit in Israel zu unterdrücken.

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