Süddeutsche Zeitung

Sozialdemokraten:Scholz: Liebe hat Priorität

Lesezeit: 1 min

Die SPD berät über die Neubesetzung ihrer Parteispitze, und Olaf Scholz überrascht in einem Interview zum Wochenende mit einer Charme-Offensive.

Von Nico Fried, Berlin

Seit dem Abgang seiner wichtigsten Verbündeten Andrea Nahles hat Olaf Scholz in der SPD einen schweren Stand. Will er noch Bundeskanzler werden, wovon viele Sozialdemokraten ausgehen, muss er sich ranhalten. Eine unübersehbare politische wie persönliche Charmeoffensive des eher hölzern wirkenden Finanzministers kulminiert an diesem Wochenende in einem Spiegel-Gespräch, in dem Scholz sogar über die Liebe redet.

Sie sei "das Wichtigste im Leben", sagt der Vizekanzler. Scholz ist mit Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verheiratet. Er sei "sehr glücklich darüber, dass meine Frau und ich seit vielen Jahrzehnten eine glückliche Beziehung miteinander haben", sagt Scholz. Dies habe für ihn "jeden Tag Priorität". Seine Beziehung sei "etwas, wofür ich gekämpft habe, es nicht zu verpassen". Politik sei ein großer Teil seines Lebens, "aber eben nur ein Teil".

Scholz, der auch SPD-Vize ist, hatte nach dem Rücktritt von Nahles eine Kandidatur für den Parteivorsitz mit dem Argument abgelehnt, dass dies mit seinen Regierungsaufgaben unvereinbar sei. Allerdings gilt er in der Partei auch als nicht sonderlich beliebt. Seine Wahlergebnisse auf Parteitagen waren selbst dann noch bescheiden, als er 2011 als bislang letzter sozialdemokratischer Landespolitiker in Hamburg eine absolute Mehrheit holte.

Auf einer Klausurtagung wollen die Führungsgremien der SPD am Sonntag und Montag über das weitere Vorgehen bei der Bestimmung einer neuen Spitze beraten. Dabei geht es um die Frage einer Doppelspitze und wie darüber entschieden werden soll. Auch die Einbindung der Basis in Organisations- und Personalfragen soll besprochen werden. Derzeit führen die Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer und Manuela Schwesig sowie der bisherige hessische Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel die SPD als Trio kommissarisch.

Nachdem alle sechs Parteivizes den Verzicht auf eine Kandidatur angekündigt hatten, haben sich mittlerweile erste Sozialdemokraten zur Führung der Partei bereit erklärt. Unter ihnen ist der Vorsitzende der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Thomas Kutschaty. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Karl Lauterbach, begrüßte Kutschatys Ankündigung als Signal für ein offenes Verfahren.

Der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger: "Es ist erfreulich, dass es tatsächlich Menschen gibt, die bereit sind, für den SPD-Parteivorsitz zu kandidieren, statt immer nur zu erklären, warum sie keine Zeit haben oder warum es nicht geht." Ebenfalls bereit für eine Führungsaufgabe zeigte sich die zweimalige SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4494522
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.