In der SPD ist offenbar auch dem Letzten der Ernst der Lage klar geworden: Die Partei kämpft gegen ihren Untergang. Da kann es sich niemand mehr auf seinem Posten bequem machen. Justizministerin Katarina Barley hat jetzt ihren Widerstand aufgegeben: Sie ist nun doch bereit, als nationale Spitzenkandidatin für die SPD nächstes Jahr in die Europawahl zu ziehen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass es für die Juristin nicht wirklich viel zu gewinnen geben wird.
Von den 27 Prozent, die 2014 Martin Schulz für die SPD holte, wagt heute niemand mehr zu träumen. Sie scheinen aus einer anderen Epoche zu stammen. Einen kleinen Sieg hat Barley aber jetzt schon mit der Bereitschaft für die Kandidatur geholt. Sie setzt damit ein nicht zu unterschätzendes Signal in die Partei hinein. Diese SPD hat sich noch nicht aufgegeben. Gerade nach der verlorenen Landtagswahl in Bayern dürfte das den Sozialdemokraten guttun.
Barley hilft Parteichefin Andrea Nahles aus großer Not. Über Wochen und Monate war es ihr nicht gelungen, jemanden von Format zu finden, der noch bereit ist, für die SPD etwas zu wagen und zudem nicht von vornhinein chancenlos ist. Die Spitzenkandidatur klärt Nahles nun auf dem letzten Drücker. Alles andere hätte einen erschreckenden Autoritätsverlust der Chefin offenbart.