Familienpolitik:Lesbische Paare sollen eigene Kinder nicht mehr adoptieren müssen

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Mutter, Mutter, Kind - das soll künftig von Beginn an gelten. (Foto: Carmen Jaspersen/picture alliance/dpa)

Justizministerin Lambrecht plant eine Reform des Sorgerechts für lesbische Paare. Der Entwurf greift an mancher Stelle allerdings zu kurz - und macht es vor allem den Vätern schwer.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Neue Paragrafen sind oftmals sperrig, aber diese Vorschrift kommt schlank daher: "Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat", heißt es seit jeher im Bürgerlichen Gesetzbuch. Nun aber bekommt Paragraf 1591 einen zweiten Absatz: "Mutter eines Kindes ist neben der Mutter nach Absatz 1 auch die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nach Absatz eins verheiratet ist oder die die Mutterschaft anerkannt hat." Mehr braucht es nicht, um einen grundstürzenden Wandel in Worte zu fassen.

Nach der Zulassung der Stiefkindadoption im Jahr 2013 und der Ehe für alle 2017 folgt also der nächste Schritt. Kinder können fortan zwei Mütter haben, und zwar ohne Adoption. Das gilt für Ehen wie auch für unverheiratete lesbische Paare. So sieht es ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der nun in der Regierung abgestimmt wird; er liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Danach sollen beide Frauen Mutter heißen, wie das etwa in den Niederlanden ("moeder") oder in Finnland ("äiti") der Fall ist. Der Entwurf verzichtet auf den holprigen Begriff "Mit-Mutterschaft", wie man ihn in Belgien ("meemoeder"), Dänemark und Norwegen ("medmor") kennt - übrigens alles Länder, in denen die gemeinsame Elternschaft lesbischer Paare, die Deutschland nun etwas verspätet einführt, bereits Gesetz ist. Ein Adoptionsverfahren durchlaufen zu müssen, auch wenn es ein Wunschkind sei, "das wird von lesbischen Paaren zu Recht als diskriminierend empfunden", sagt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, "eine Mutter sollte ihr Kind nicht adoptieren müssen."

Eine Co-Vater-Regelung für homosexuelle Männer sieht der Entwurf nicht vor

Dass Kinder lesbischer Paare fortan zwei rechtliche Elternteile haben, und zwar, wie bei heterosexuellen Paaren, von Beginn an, dient dem Entwurf zufolge vor allem ihrer Sicherheit. Denn damit sind Ansprüche verbunden, vor allem auf Unterhalt. Zugleich schreibt der Entwurf fest, dass es nur zwei Elternteile geben kann. Der männliche Erzeuger, etwa ein Samenspender, den nach der Geburt plötzlich Vatergefühle überkommen, kann sich nicht als dritter Elternteil hineindrängen. Außerdem sieht die Reform keine Co-Vater-Regelung für homosexuelle Männer vor, die bei der Familiengründung oft auf die problematische und in Deutschland verbotene Leihmutterschaft angewiesen sind.

Weniger beherzt ist der zweite Teil der Reform ausgefallen. Zwar soll unverheirateten Paaren der Weg zum gemeinsamen Sorgerecht für ihre Kinder erleichtert werden, also die Entscheidung über Schule, Namen oder Wohnort. Eine gemeinsame Erklärung ist nicht mehr nötig, fortan soll die Anerkennung der Vaterschaft genügen, für die freilich die Zustimmung der Mutter nötig ist. Wird um die Vaterschaft dagegen vor Gericht gestritten - das dann per DNA-Test die Verhältnisse klärt -, bekommt der gerichtlich festgestellte Vater das Sorgerecht aber nicht automatisch. Dann bleibt es bei der gemeinsamen Erklärung. Gegen die Mutter geht also nichts: Ihre Vetoposition soll Konflikten über Kinder entgegenwirken, die durch Samenspender oder in One-Night-Stands gezeugt wurden. Damit bleibt der Entwurf hinter den Regeln vieler anderer Länder zurück, in denen die Eltern automatisch das Sorgerecht bekommen. Das hatte auch eine vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe vorgeschlagen.

Neu sind zudem erweiterte Ansprüche zur Klärung der genetischen Abstammung. Bisher können nur Vater, Mutter und Kind einen Gentest verlangen. Wer sich dagegen für den leiblichen Vater hält, dem bleibt nur der brachiale Weg, die Vaterschaft des anderen Mannes anzufechten. Der Entwurf räumt nun auch dem mutmaßlichen Vater eine vereinfachte Möglichkeit ein, allein die genetische Verwandtschaft klären zu lassen, ohne gleich mit einer Klage die fremde Familie zu sprengen. Dasselbe gilt übrigens auch für die "mutmaßliche Mutter": In Zeiten der Eizellenspende ist nicht immer gewiss, wer die genetische Mutter ist.

© SZ vom 21.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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