Süddeutsche Zeitung

Regierungsbildung:Wachsende Zweifel an Jamaika-Bündnis

Vor den ersten Sondierungsgesprächen äußern FDP und Grüne Skepsis, ob die Union handlungsfähig ist. Die beharrt auf der Möglichkeit, eine Regierung zu bilden.

Von Constanze von Bullion und Robert Roßmann

Noch vor dem offiziellen Beginn der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Bundesregierung ist es zwischen Union, Grünen und FDP zu Irritationen gekommen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wies am Donnerstag Vorwürfe zurück, wonach die Union nicht verhandlungsfähig sei. CDU und CSU würden gemeinsam in die Verhandlungen ziehen, beteuerte Ziemiak. Die CDU-Spitze lasse das schlechte Wahlergebnis "nicht kalt". Dennoch wolle man ausloten, ob sich eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP bilden lasse. Die Union sei davon überzeugt, ein gutes Angebot zu haben. "Und über dieses Angebot muss man sprechen", so Ziemiak.

Nach Unstimmigkeiten innerhalb der beiden Unionsparteien stehen jetzt auch die Termine für die ersten Gespräche fest. Am Sonntagabend will die Union mit der FDP reden, am Dienstagvormittag mit den Grünen.

Bereits am Dienstagabend waren die Spitzen von FDP und Grünen vertraulich zu Vor-Sondierungen zusammengekommen. Denkbar ist jenseits einer unwahrscheinlichen großen Koalition und einem Jamaika-Bündnis auch eine Ampelregierung mit SPD, Grünen und FDP. Auch darüber sollen am Sonntag die ersten Gespräche geführt werden: Am Nachmittag will das sechsköpfige Verhandlungsteam der SPD mit einer zehnköpfigen Delegation der FDP zusammenkommen. Am Abend sind dann Gespräche zwischen SPD und Grünen geplant.

Derzeit gilt eine Ampel-Koalition als wahrscheinlichste Lösung. Sowohl bei den Grünen als auch in der FDP sind bereits Stimmen laut geworden, die ein Jamaika-Bündnis ausgesprochen skeptisch beurteilen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte dem Sender RTL: "Momentan ist es so, dass wir mit großen Kinderaugen uns anschauen, was bei der Union gerade passiert. Sie zerbröselt von Stunde zu Stunde." Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Ich sehe im Moment nicht, dass man die Union für sondierungsfähig halten könnte, geschweige denn für regierungsfähig." Einige Stunden später schwächte sie ihre Aussage jedoch etwas ab. "Es wird mit der SPD gesprochen, dann schauen wir, inwieweit die Union gesprächsfähig wird", sagte Göring-Eckardt in Berlin. Ihre Partei wolle mit allen demokratischen Parteien Gespräche aufnehmen.

Als letzte der möglichen Regierungsparteien hat die CDU am Donnerstag ihr Sondierungsteam aufgestellt. Die Christdemokraten wollen mit Parteichef Armin Laschet, Ziemiak, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, den Ministerpräsidenten Volker Bouffier, Reiner Haseloff und Daniel Günther, sowie den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Thomas Strobl, Julia Klöckner, Silvia Breher und Jens Spahn in die Verhandlungen gehen.

Spahn beklagte den Zustand der Union. "Schon ein fehlerfreier Wahlkampf hätte uns wahrscheinlich Richtung 30 Prozent gebracht, eine wirkliche Geschlossenheit von CDU und CSU von Anfang an hätte uns wahrscheinlich deutlich über 30 Prozent gebracht", sagte Spahn im Deutschlandfunk. Dies müsse aufgearbeitet werden. Auf die Frage, ob Parteichef Laschet gehen müsse, sagte Spahn: "Die Frage stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht."

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