Süddeutsche Zeitung

Ukraine-Krieg:Koalition und Union einigen sich: Sondervermögen für die Bundeswehr kommt

Rund drei Monate ist die Ankündigung des Kanzlers her, Deutschland mit 100 Milliarden Euro aufzurüsten. Jetzt haben die Verhandler den Streit über die Details beigelegt.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Ampelkoalition hat sich mit der Unionsfraktion auf die Einrichtung eines "Sondervermögens für die Bundeswehr" in Höhe von 100 Milliarden Euro verständigt. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die Verhandlerinnen und Verhandler am Sonntag gegen 23 Uhr mit, dass sie ihre Gespräche "erfolgreich beendet" hätten. Das Grundgesetz solle jetzt zur Schaffung des Sondervermögens "mit dem Zweck der Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit" geändert und ein "Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung dieses Sondervermögens" auf den Weg gebracht werden.

In der Erklärung heißt es: "Wir stellen gemeinsam sicher, dass die Bundeswehr in den kommenden Jahren mit 100 Milliarden Euro zusätzlicher Investitionen gestärkt wird. Dabei wird das so genannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato im mehrjährigen Durchschnitt erreicht." Das bedeutet, dass im Schnitt zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aufgewandt werden sollen.

Cybersicherheit soll nun aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, nicht aus dem Sondervermögen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte als Reaktion auf Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar in seiner Zeitenwende-Regierungserklärung die Einrichtung des Sondervermögens angekündigt. Wegen Differenzen innerhalb der Koalition aber auch mit der Union hatte es bisher jedoch keine Verständigung auf die Details gegeben. Wochenlange Verhandlungen waren ergebnislos geblieben. Die Union hatte stets darauf beharrt, dass - wie von Scholz im Bundestag angekündigt - das Sondervermögen ausschließlich der Bundeswehr zugutekommt und dass das Zwei-Prozent-Ziel dauerhaft eingehalten wird.

In der gemeinsamen Erklärung heißt es jetzt, man werde "unverzüglich und noch vor der parlamentarischen Sommerpause eine Initiative zur Beschleunigung der Beschaffung auf den Weg" bringen. Der Wirtschaftsplan mit den konkreten Beschaffungsvorhaben für das Sondervermögen solle "mit dem Errichtungsgesetz beschlossen" werden. Seine Realisierung werde dann "von einem beratenden Gremium des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages begleitet".

Außerdem werde die Bundesregierung "eine Strategie zur Stärkung der Sicherheit im Cyber- und Informationsraum vorlegen". Notwendige Maßnahmen zur Cybersicherheit, zum Zivilschutz sowie "zur Ertüchtigung und Stabilisierung von Partnern" würden aus dem Bundeshaushalt finanziert. Die Grünen hatten gefordert, dass das zusätzliche Geld für die Cyber-Sicherheit aus dem Sondervermögen bezahlt wird - sie konnten sich hier also nicht durchsetzen.

Wenn das Sondervermögen aufgebraucht ist, würden "weiter die erforderlichen Mittel zur Erreichung der dann gültigen Nato-Fähigkeitsziele bereitgestellt", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Außerdem beginne nach der Inanspruchnahme "auch die Tilgung innerhalb eines angemessenen Zeitraums". Die Union hatte in den Verhandlungen lange darauf bestanden, dass bereits jetzt ein konkreter Tilgungsplan vereinbart wird.

Die Verhandlungen der Ampelkoalition mit der Unionsfraktion waren nötig, weil das Sondervermögen im Grundgesetz verankert werden soll. Dadurch können an der Schuldenbremse vorbei Kredite aufgenommen werden. Für ein solches Sondervermögen ist aber eine Verfassungsänderung und damit eine Zweidrittelmehrheit nötig, die die Ampelkoalition alleine nicht aufbringen kann.

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul lobte den Kompromiss. Er dankte Finanzminister Christian Lindner (FDP), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) für "faire Verhandlungen" und twitterte: "Die demokratische Mitte hält zusammen! Konsens ist möglich." FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sprach von einer "Super-Nachricht", auch weil das Geld jetzt "zu 100 Prozent in die Truppe" gehen würde.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5593776
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/berk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.