Sonderparteitag:Grüne liefern sich erbitterte Gefechte

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Beim Sonderparteitag der Grünen erhitzt der Afghanistan-Einsatz die Gemüter. Besonders die Bundeswehr-Tornados am Hindukusch erweisen sich als Zankapfel.

Parteichef Reinhard Bütikofer und andere Spitzen-Grüne haben ihre Partei in einer hitzigen Debatte zur weiteren Unterstützung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr aufgerufen.

"Afghanistan aufgeben ist keine Alternative", sagte Bütikofer bei dem von der Basis erzwungenen Sonderparteitag am Samstag in Göttingen. Eine Auseinandersetzung lieferten sich die Delegierten zum Einsatz der Tornado-Aufklärungsflugzeuge.

Bei den Abstimmungen am Abend wurde ein Ja zur Schutztruppe ISAF, zu einem stärkeren zivilen Aufbau und ein Nein zur US-geführten Anti-Terror- Operation OEF erwartet.

Bütikofer und Fraktionschefin Renate Künast verteidigten den Tornado-Einsatz der Bundeswehr. Gerade wenn es wie gefordert zu einem Ende von OEF komme, sei Luftaufklärung umso nötiger, sagte Bütikofer.

Seine Rede wurde von lautstarken Protesten und Beifall begleitet. Künast versicherte, wenn es Belege gebe, dass Fotos an die OEF- Kampfeinsätze weitergegeben würden, dann "wäre ich die erste, die in den Bundestag geht und sagt: Der Verteidigungsminister muss weg". Diese Belege gebe es aber nicht.

In einer mit Spannung erwarteten Rede ließ Außenpolitik-Experte Jürgen Trittin seine Haltung zu dem an der Basis strittigen Tornadoeinsatz offen. Mehrfach war spekuliert worden, dass der Fraktionsvize sich als möglicher Spitzenkandidat bei der nächsten Bundestagswahl in Stellung bringen will.

"Wir werden uns nicht zerlegen"

Bütikofer wandte sich strikt gegen solche Vorentscheidungen: "Dies ist kein Schaulaufen für 2009." Bütikofer beschwor die Delegierten: "Wegen der verschiedenen Bewertung zu den Tornados werden wir uns nicht zerlegen." Im Frühjahr hatten im Bundestag 26 Grünen-Abgeordneten für den Tornado-Einsatz gestimmt, 21 dagegen.

Die Initiatoren des Parteitags hatten sich empört über die mehrheitliche Zustimmung gezeigt, da diese einem früheren Parteitagsbeschluss entgegenstehe. Mittlerweile seien sogar mehr Abgeordnete tendenziell dafür, sagte der Parteichef.

Bütikofer sagte vor den fast 600 Delegierten, für die Partei gehe es in Göttingen um die Frage: "Sind wir ein zerstrittener Haufen ohne Führung oder finden wir bei allem Streit zu tragfähiger Gemeinsamkeit?" Anfangs störten kleine Gruppen junger Parteitagsgäste die Rede mit Sprechchören.

Der Parteilinke Robert Zion warnte vor einer "Irakisierung des Landes" durch den Militäreinsatz. Bütikofer rief den Delegierten hingegen zu, ein Abzug der Bundeswehr würde "Krieg und Bürgerkrieg" bringen. Nötig sei aber ein "fundamentaler" Strategiewechsel.

Der Kanzlerin Angela Merkel und dem Verteidigungsminister Franz Josef Jung (beide CDU) warf der Grünen- Chef Unehrlichkeit vor, da beide die weitere Beteiligung an OEF als nötig bezeichneten. Dagegen sei der Einsatz der Schutztruppe ISAF weiter dringend nötig, eine "militärische Eskalation" müsse aber unterbleiben. Die Mittel für den Zivilaufbau müssten verdoppelt werden.

Künast sagte, das Signal des Parteitags müsse sein "Nein zu OEF, Ja zu ISAF und die scharfe Aufforderung an die Bundesregierung, endlich den Strategiewechsel vor Ort auch ankurbeln zu lassen". Fraktionschef Fritz Kuhn sagte, zahlreiche Hilfsorganisationen in Afghanistan müssten geschützt werden. Ein Scheitern von ISAF untergrabe die Glaubwürdigkeit der UN.

Bütikofer warb für den umstrittenen Vorschlag der Grünen- Führungsriege, den Abgeordneten keine Empfehlung für die im Oktober anstehende Abstimmung zum dann gekoppelten ISAF-Tornado-Mandat zu geben.

Mehrere Änderungsanträge zielen dagegen auf eine klare Empfehlung ab. Die Parteispitze hatte sich zerstritten darüber gezeigt, ob den Abgeordneten Enthaltung empfohlen werden soll.

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