Süddeutsche Zeitung

Sommerpressekonferenz:Merkel hat sich Seehofers Attacken gemerkt

  • Vor der Sommerpause stellt sich Kanzlerin Angela Merkel 90 Minuten lang den Fragen der Presse.
  • Sie glaubt, dass der Asylstreit in der Union Vertrauen gekostet hat und kritisiert die "schroffe Tonalität" der Gegenseite.
  • Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin hält sie für eine positive Entwicklung.

Der wochenlange Asylstreit zwischen CDU und CSU hat Spuren bei der Kanzlerin hinterlassen. Keine sichtbaren, aber als Angela Merkel bei der Sommerpressekonfernz darauf angesprochen wird, wird sie deutlich: "Die Tonalität war oft sehr schroff und ich messe der Sprache auch eine sehr, sehr große Bedeutung zu." Eine deutliche Ansage an Innenminister Seehofer und seine CSU-Kollegen, die die Kanzlerin im Juni hart angingen. Doch Merkel tritt nicht nach. Sie betont aber, sich in Zukunft gegen eine "Erosion von Sprache" wehren zu wollen.

Die Kanzlerin stellt klar: Auseinandersetzung und Streit können auch in Zukunft nicht vermieden werden, aber: "Die Form, in der das passieren muss, die ist sicher noch verbesserungsfähig." Denn Sprache sei ein "Ausdruck von Denken", deswegen "muss man sehr vorsichtig sein". Auf die Frage, ob der Konflikt mit Seehofer um die Zurückweisung bestimmter Asylbewerber an der Grenze wohl zu mehr Politikverdrossenheit geführt habe, antwortet sie: "Ich glaube, dass das so ist." Die europäische Asylpolitik sei aus ihrer Sicht aber etwas, wofür es sich lohne zu streiten. Merkel betont: "Das ist für mich eine zentrale Frage meiner Politik."

Dass Seehofer immer wieder mal mehr, mal weniger deutlich ihre Richtlinienkompetenz in Frage gestellt hat, ist für Merkel durchaus ein Problem. Der CSU-Parteichef hatte vor Kurzem noch gesagt, er lasse sich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur dank ihm im Amt sei. Zu einer Drohung lässt sich Merkel nicht hinreißen, aber: "Für mich ist der Maßstab, dass Minister nur jemand sein kann, der diese Richtlinienkompetenz akzeptiert." Nur wenn dies gegeben sei, könne eine Zusammenarbeit funktionieren.

Selbstkritik und Mahnung an die Medien

Merkel beklagt insgesamt eine "Verwahrlosung" der politischen Kultur. Insbesondere mit der Verbreitung von Nachrichten in sozialen Netzwerken wachse die Verantwortung, deren Richtigkeit zu überprüfen. Dies gelte auch für Medien. Die Plattformen sieht Merkel dabei auch in der Pflicht. Sie dürften sich nicht nur als "Verbindungsglied zwischen Menschen" verstehen, sagt Merkel. Die Kanzlerin verspricht, "noch mehr auf meine Sprache zu achten" - und auch darauf, dass die Fakten stimmen.

Merkel begrüßt das von US-Präsident Donald Trump für den Herbst geplante Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Washington. Solche Treffen müssten wieder zur Normalität werden, so Merkel. "Immer wenn gesprochen wird, ist es im Grunde gut für alle. Und gerade, wenn zwischen diesen beiden Ländern gesprochen wird."

Trump pocht immer wieder auf höhere Militärausgaben der Nato-Mitglieder. Speziell die Bundesregierung hat er bei einem Wutanfall auf dem Nato-Gipfel in Brüssel scharf kritisiert. Merkel verweist auf die bereits gestiegenen Verteidigungsausgaben Deutschlands und bemängelt zugleich die mangelnde Effizienz im europäischen Militär. Es gebe hier zu viele Waffensysteme, sagt sie. "Wir werden auf eine Vereinheitlichung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hinwirken." Konkreter wird sie nicht.

Zweimal wird Merkel, Kanzlerin seit 2005, auf nicht gerade subtile Weise gefragt, wann sie denn gedenke aufzuhören. Merkel sagt nur: "Zu tun ist genug." Ob sie für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung steht? "Es gibt für alle Dinge einen geeigneten Zeitpunkt."

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