Süddeutsche Zeitung

Somalia:Entsetzen über Anschlag in Mogadischu

UN verurteilen "schreckliches Verbrechen" mit 100 Toten. Die Türkei fliegt Verletzte aus.

UN-Generalsekretär António Guterres und der Papst haben den Anschlag in Somalias Hauptstadt Mogadischu, bei dem fast 100 Menschen getötet wurden, scharf verurteilt. Die Verantwortlichen für diese "schrecklichen Verbrechen" müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Guterres am Samstag in New York. Den Menschen in Somalia und ihrer Regierung versprach er "vollen Beistand" der Vereinten Nationen.

Nach Angaben von Augenzeugen explodierte in einem belebten Stadtviertel ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen an einem Kontrollpunkt. Zu der Zeit herrschte morgendlicher Berufsverkehr. Obwohl es zu dem Sprengstoffanschlag zunächst kein Bekennerschreiben gab, wird die Terrororganisation Al-Shabaab dahinter vermutet. Al-Shabaab kämpft in dem Land am Horn von Afrika seit Jahren um die Vorherrschaft. Die sunnitischen Fundamentalisten beherrschen große Gebiete im Süden und Zentrum Somalias und verüben immer wieder Anschläge.

Bei Drohnenangriffen als Reaktion auf den Anschlag sollen mehrere Mitglieder von Al-Shabaab getötet worden sein, unter ihnen eine ranghohe Führungsfigur. Das erfuhr dpa aus somalischen Geheimdienstkreisen.

Demnach waren somalische Eliteeinheiten an den Angriffen beteiligt. Nach Angaben von Informationsminister Abdi Hayir Maareye traf am Sonntag ein türkischer Militärtransporter mit einem Ärzteteam in Mogadischu ein, um bei der Versorgung der zahlreichen Verwundeten des Anschlags zu helfen. Die Türkei flog 16 Verletzte aus. Sie würden in der Türkei behandelt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag. Ein Ärzteteam helfe zudem vor Ort bei der Versorgung der zahlreichen Verletzten. Mit dem Militärtransporter, der am Sonntagmorgen in Mogadischu landete, würden auch die Leichen zweier getöteter türkischer Staatsbürger in ihr Heimatland überführt. Viele Bewohner Mogadischus gingen zum Blutspenden in die städtischen Krankenhäuser.

Papst Franziskus sprach den Angehörigen "des schrecklichen Attentats" sein Mitgefühl aus und rief am Sonntag zum Gebet für die Opfer auf. "Unsere Haltung ist klar", betonte EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter, "Europa wird Afrika im Kampf gegen den Terrorismus weiter unterstützen." Auch Russland verurteilte den "barbarischen Anschlag". Der blutige Angriff von Extremisten habe offenbar darauf abgezielt, die Lage in Somalia zu destabilisieren, erklärte das Außenministerium in Moskau.

Unter den Toten sind nach Polizeiquellen fünf Polizisten sowie türkische Staatsbürger. Bei ihnen handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um Straßenbau-Ingenieure. Die Explosion ereignete sich im Westen der Stadt in der Nähe einer Steuerbehörde. Über dem Ort der Explosion - einer Kreuzung von vier Straßen - stand weithin sichtbar eine große Rauchwolke. Durch die Wucht der Detonation wurden zahlreiche Gebäude beschädigt. Noch Stunden später suchten Anwohner dort verzweifelt nach Opfern. "Die Gegend war voller Menschen, die zur Schule oder zum Einkaufen in die Stadt fuhren, als sich der schreckliche Anschlag ereignete", sagte Regierungssprecher Mukhtar Omar.

Nach Angaben der Polizei wurden durch die Explosion am frühen Morgen auch zwei Minibusse mit Schulkindern an Bord schwer beschädigt. Augenzeugen berichteten von aufgerissenen Karosserien und zerfetzten Fahrzeugen. Helfer versuchten, Verwundete auf Eselskarren oder Fahrrädern in Krankenhäuser zu bringen. Allein im städtischen Medina-Krankenhaus wurden bis zum Mittag 73 Tote und Dutzende Verwundete gezählt, im Dahir-Elmi-at-Shafi-Hospital acht Tote und viele Verletzte.

Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Farmajo rief die Bevölkerung zum Zusammenhalt beim Kampf gegen "den Feind der Menschenwürde" auf und erklärte: "Das einzige Ziel, das die Terroristen in unserem Land entwickelt haben, ist das wahllose Töten unschuldiger Menschen." Al-Shabaab verübte zuletzt vor allem Anschläge auf Hotels, öffentliche Plätze und Regierungseinrichtungen. Die Fundamentalisten sind auch jenseits der Grenzen Somalias aktiv.

Nicht immer geben sich die Islamisten dabei als Urheber der Anschläge zu erkennen. Das gilt auch für den bisher folgenschwersten Anschlag in Mogadischu, bei dem im Oktober 2017 mehr als 500 Menschen ums Leben kamen. Die Extremisten kämpfen in Somalia für die Einführung der Scharia.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2019 / dpa
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