Nach Anschlag in Solingen:Grüne Politiker fordern „Zeitenwende im Inneren“

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Nach dem Anschlag in Solingen ist eine Debatte um Migration und Sicherheitspolitik in Deutschland entbrannt. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Konsequentere Abschiebungen und mehr Kompetenzen für die Ermittler: In einem Papier fordern die Grünen-Politiker Mihalic und von Notz Maßnahmen in der inneren Sicherheit. Bundesinnenministerin Faeser werfen sie eine „veraltete Sicherheitspolitik“ vor.

Hochrangige Innenpolitiker der Grünen fordern nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen eine „Zeitenwende“ in der Innenpolitik. Das geht aus einem gemeinsamen Positionspapier der innenpolitischen Sprecherin Irene Mihalic und des Fraktionsvizes Konstantin von Notz hervor, das der Deutschen Presseagentur und dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Neben einigen politischen Forderungen enthält das Papier auch deutliche Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Die Defizite bei der inneren Sicherheit lägen auch „an einem Innenministerium, das noch immer eine klassische, heute in weiten Teilen veraltete Sicherheitspolitik verfolgt“ und Symboldebatten führe, heißt es. Die Umsetzung bereits vereinbarter Reformen dauere zudem zu lange. „Es ist an der Zeit, die ’Zeitenwende’ auch im Innern entschlossen umzusetzen.“

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„Wir werden Lehren ziehen“, sagt der Kanzler und kündigt an, irreguläre Migration weiter zu begrenzen. Asylregeln, das Waffenrecht und der Kampf gegen islamistischen Terror sollen zügig verschärft werden. Dafür führt er auch Gespräche mit der Opposition.

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Die innere Sicherheit müsse als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern im Grundgesetz verankert werden, schlagen beide in dem achtseitigen Papier vor. Bisher werde zu wenig getan, damit die Behörden besser zusammenarbeiteten. „Durch dieses Nichthandeln entstehen ineffektive und teils gefährliche Doppel- und Gar-Nicht-Strukturen“, zitiert die „Tagesschau“ aus dem Papier. Nötig seien auch Grundgesetzänderungen, die teils von der Union blockiert würden.

In dem Papier kritisieren die beiden Innenpolitiker demnach auch die Rolle der Opposition. Nach Gewalttaten wie der in Solingen führe diese „wenig zielführende, allzu reflexhafte Diskussionen“. Dabei seien für Fehleinschätzungen in der Innenpolitik sämtliche demokratische Parteien im Bundestag verantwortlich. Ihr Papier wollen sie als Aufruf zum Schulterschluss mit der Opposition verstanden wissen.

Zur Finanzierung der „Zeitenwende“ soll es ein Sondervermögen geben

Konkret fordern Mihalic und von Notz mehr Mittel und Personal, etwa um Top-Gefährder zu überwachen. Polizei und Nachrichtendienste sollten enger vernetzt arbeiten. Nichtdeutsche Gefährder müssten konsequent abgeschoben werden. Stationäre Grenzkontrollen sehen die Grünen-Experten kritisch, sie schlagen aber mobile Binnengrenzkontrollen vor. Zudem müsse das Waffengesetz reformiert werden.

„Wir brauchen eine föderal koordinierte Vollstreckungsoffensive von Haftbefehlen“, heißt es zudem in dem Papier. „Wir können nicht hinnehmen, dass in Deutschland derzeit rund 170 000 Haftbefehle nicht vollstreckt sind, gut 14 000 davon aufgrund von Gewaltdelikten.“ Wenn auf schwere Verbrechen keine Strafe folge, verliere der Staat seine Autorität.

Um die „Zeitenwende im Inneren“ finanzieren zu können, schwebt den Grünen-Politikern ein Sondervermögen vor. Auch Ressourcen der Ausländerbehörde, in der Justiz und beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollen damit ausgebaut werden. Wie hoch das Vermögen ausfallen soll, das geht aus dem Papier nicht hervor. Bund und Länder sollten gemeinsam berechnen, wie viel Geld für die Verbesserung der inneren Sicherheit aufgebracht werden müsste.

Auch auf Ebene der Bundesländer geht nach der Messerattacke in Solingen die Diskussion über politische Konsequenzen weiter. Am Donnerstag um 12 Uhr kommt der Landtag Nordrhein-Westfalen zu einer Sondersitzung zusammen.

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