Süddeutsche Zeitung

Software löscht Daten:Schwere Panne beim BKA

Wegen eines Softwarefehlers sind beim Bundeskriminalamt über drei Monate hinweg Beweismittel vernichtet worden: abgehörte Telefongespräche, mitgelesene SMS und E-Mails.Es sind allesamt Daten, die in Ermittlungen gegen Schwerkriminelle und Terroristen gesammelt wurden. Das BKA relativiert den Schaden.

Durch eine Software-Panne sind beim Bundeskriminalamt (BKA) und bei der Bundespolizei über Monate Beweismittel in Ermittlungsverfahren gelöscht worden. Betroffen seien Daten aus der sogenannten Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), wie sie in Ermittlungen gegen Schwerkriminelle und Terroristen gesammelt werden.

Das BKA bestätigte einen entsprechenden Bericht der Bild am Sonntag. Gelöscht worden seien Daten von abgehörten Telefongesprächen, mitgelesenen E-Mails, SMS und Telefaxen sowie der Lokalisierung von Mobiltelefonen, der sogenannten Funkzellenabfrage.

Nach Angaben einer BKA-Sprecherin wurden die Daten zwischen dem 14. Dezember 2011 und dem 10. Februar 2012 vernichtet. Zum Erhebungszeitraum und dem Umfang der Daten konnte sie zunächst keine Angaben machen. Es seien aber jeweils nur einzelne Mosaiksteinchen betroffen und keine kompletten Ermittlungsunterlagen gelöscht worden.

Die Strafprozessordnung sieht vor, dass die Telekommunikation von Beschuldigten heimlich überwacht und die Daten daraus für die spätere Gerichtsverhandlung aufgezeichnet werden dürfen, wenn es sich um schwere Straftaten handelt, etwa bei Mord, Raub oder der Bildung einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung.

Der Zeitung zufolge wurde die Datenpanne im Februar von Technikern der Firma Syborg entdeckt, die die vertraulichen Daten im Auftrag der Polizei verwalte. Betroffen seien neben den Datensätzen am BKA-Standort Wiesbaden auch solche der Bundespolizei.

Die den Angaben zufolge älteren Datensätze, die von einem sogenannten Onlinespeicher in ein Langzeitarchiv ausgelagert werden sollten, seien aufgrund eines Softwarefehlers unwiederbringlich vernichtet worden.

BKA relativiert Schaden

Das BKA relativierte laut Bild am Sonntag den durch die Datenlöschung entstandenen Schaden. Alle für die Ermittlungsverfahren relevanten Inhalte seien zuvor ausgewertet und aktenkundig gemacht worden.

Die Ermittlungen gegen Mitglieder und Unterstützer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) waren dem Bericht zufolge von der Löschung nicht betroffen. Die Vernichtung von Verfassungsschutzakten zur Thüringer Neonazi-Szene, die für die NSU-Ermittlungen von Belang waren, sorgt seit Wochen für heftige Kritik. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, hatte als Konsequenz aus dem Skandal seinen Rücktritt erklärt.

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