Markus Söder:Jetzt aber ganz schnell

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„In den Augen der Bevölkerung steht die Funktionsfähigkeit unseres Gemeinwesens infrage“: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will sich als Treiber in der deutschen Asylpolitik positionieren. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Was Bayerns Ministerpräsident mit seiner Forderung nach „Sofort-Arrest“ im Schilde führt.

Von Andreas Glas

Ein Schlagwort wie geschaffen für die Nachrichtenkanäle: „Sofort-Arrest“. Es steht in einem Plan zur Migrationspolitik, mit dem sich Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) ausgestattet hat für die Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag. Konkret heißt es in dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt: „Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder, die nicht abgeschoben werden können, sind in Sofort-Arrest zu nehmen, und zwar so lange, bis sie freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren.“

Das Schlagwort „Sofort-Arrest“ ist neu in der Migrationsdebatte, und es hat prompt Karriere gemacht in der Medienberichterstattung. Doch inhaltlich hat Söder nur eine Forderung wiederholt, die vor mehr als einer Woche bereits aus der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag kam. Dort war die Rede vom „Ausreisearrest“, die Idee dahinter ist aber fast wortgleich formuliert wie nun bei Söder. Im Arrest müssten ausländische Straftäter und Gefährder „so lange verweilen, bis sie die Rückreise in ihre Heimat freiwillig antreten“, steht in einem Fraktionsantrag vom 11. Juni, der im Bundestag keine Mehrheit fand.

Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) betont auf SZ-Nachfrage, dass der Arrest nur für schwere Straftäter gedacht sei, die ihre Haftstrafe bereits verbüßt haben, und nicht für jene, die sich in ihrer Heimat ernsthaft, aber vergeblich um Ausreisepapiere bemühen. Insbesondere bei Angriffen gegen Polizeibeamte sollte aber „jede Verurteilung unabhängig vom Strafmaß“ zur Ausreise führen, sagt Lindholz.

Die Zahl der Abschiebungen in Bayern liegt 40 Prozent höher als im Vorjahr

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz startet CSU-Chef Söder nun einen neuen Anlauf mit der Arrest-Idee der Union. „In den Augen der Bevölkerung steht die Funktionsfähigkeit unseres Gemeinwesens infrage“, heißt es in seinem Migrationspapier. Diesem Eindruck möchte Söder entgegenwirken. Nebenbei ist es ihm gelungen, sich mit einem pointierten Begriff als Treiber in der nationalen Migrationsdebatte zu positionieren. Schon in der Diskussion um die Bezahlkarte für Asylbewerber war er darum bemüht, sich als entschlossenster aller Länderchefs zu zeigen. Die bayerische Karte sei „härter“ und komme „schneller“ als anderswo, sagte Söder damals. Und kaum zufällig platzierte sein Innenminister Joachim Herrmann (ebenfalls CSU) die neuesten bayerischen Abschiebezahlen mitten in die Diskussionen nach dem brutalen Messerangriff eines Afghanen, in dessen Folge in Mannheim ein Polizist starb. Laut Herrmann war die Zahl der Abschiebungen aus Bayern zwischen Januar und April 2024 um rund 40 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.

Söders Arrest-Forderung erfährt nun also mehr Aufmerksamkeit als dieselbe Forderung der Unionsfraktion, deren Vorsitzender Friedrich Merz heißt. Dieses Ungleichgewicht dürfte nicht nur mit dem geschickten Begriffsmanagement des CSU-Chefs zu tun haben – sondern auch damit, dass bei Söder jede Einmischung in bundespolitische Dinge auf Spurenelemente von Kanzlerambitionen abgeklopft wird. Inzwischen kokettiert er ja wieder recht offensiv mit der Kanzlerkandidatur der Union. „Die Wahrscheinlichkeit, dass es einer von uns beiden wird, ist gegeben“, sagt Söder über sich und CDU-Chef Merz.

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