Süddeutsche Zeitung

Union:Ein Buch über Laschet, präsentiert von Markus Söder

Ausgerechnet der bayerische Ministerpräsident stellt eine neue Biografie über seinen NRW-Amtskollegen und möglichen Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur vor. Doch Laschet kommt ziemlich gut weg.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eine Szene aus der Biografie habe er besonders gern gelesen, sagt Markus Söder. Und zwar die, in der Armin Laschet versehentlich in einen Pool fällt - in der einen Hand das Handy, in der anderen einen Zigarillo. Und wie Laschet dabei den Zigarillo rettet, das Handy aber im Wasser versinkt. "Das wäre bei mir andersrum gewesen", scherzt der CSU-Chef - was alle, die Söders enges Verhältnis zu seinem Smartphone kennen, gerne glauben.

Der bayerische Ministerpräsident ist am Mittwoch in den Berliner Meistersaal gekommen, um bei der Vorstellung einer Biografie über Laschet zu sprechen. "Der Machtmenschliche" heißt das Werk. Und in einer Zeit, in der die beiden Ministerpräsidenten als mögliche Kanzlerkandidaten gelten, hat so ein Termin einen ganz besonderen Reiz - auch wenn Laschet selbst gar nicht dabei ist.

Er ist am Morgen nach Italien geflogen, um sich mit dem italienischen Premier und dem Papst zu treffen. Im Meistersaal kann man Laschet aber trotzdem sehen - auf den großen Plakaten mit dem Buchtitel, die der Verlag auf die Bühne gestellt hat. An diesem Tag wirkt Söder ausnahmsweise kleiner als Laschet, der in echt nur 1,72 Meter misst. Und auch sonst kommt der Aachener ziemlich gut weg. Bevor er dem Verlag zugesagt habe, zur Buchpräsentation zu kommen, habe er bei Laschet nachgefragt, ob er das okay fände, sagt Söder. Laschet habe geantwortet, ich solle "halt was Gutes sagen". Und daran hält sich der CSU-Chef auch - von zwei, drei kleinen Spitzen abgesehen.

Was er denn aus der Biografie über Laschet gelernt habe, will der Moderator von Söder wissen. Dass der ein humorvoller, ernsthafter, heimatbewusster und sehr lebensfroher Mensch sei, meint Söder. Das finde er nicht schlecht. Außerdem werde in dem ganzen Buch kein einziger Skandal beschrieben, das könne man nicht über jeden Politiker sagen. Und dann erzählt der CSU-Chef aus dem Landtagswahlkampf 2018.

Wer im bevölkerungsreichsten Bundesland die Wahl gewinne, den dürfe man nie unterschätzen

Damals habe er wegen zeitweise extrem schlechter Umfragewerte "eine politische Nahtod-Erfahrung" gehabt, sagt Söder. Er habe schon befürchtet, der Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit in der bayerischen Geschichte zu werden. Damals habe es einen CSU-Parteitag gegeben, auf dem er gesprochen habe. Und danach habe Laschet sinngemäß getwittert, das sei eine sehr starke Rede gewesen. "Das habe ich nicht vergessen", sagt Söder - auch weil Laschet im unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik damals auf der anderen Seite gestanden habe. So viel Loyalität hat Söder in der CSU nicht immer erlebt.

In der Biografie wird Laschet als oft unterschätzter Politiker beschrieben. Er habe das nie getan, sagt Söder. Jemanden, der im bevölkerungsreichsten Bundesland die Wahl gewinne, dürfe man nie unterschätzen. Früher habe Laschet die CSU häufig kritisiert. Als Ministerpräsidenten würden Laschet und er aber gut zusammenarbeiten, auch wenn es in der Corona-Krise hie und da unterschiedliche Einschätzungen gegeben habe.

Die Biografie ist nicht von Laschet autorisiert. Der Ministerpräsident hat den Autoren aber private Bilder zu kommen lassen. Und so sieht man in dem Buch Laschet zum Beispiel weiß geschminkt als Tod in dem Laientheaterstück "Der Totentanz", als Erstwähler bei einer Kundgebung mit Helmut Kohl 1980 in Aachen oder bei seiner Abiturrede im Bischöflichen Pius-Gymnasium ein Jahr später. Zwischen diesen Bildern sind auch zwei Wahlplakate Laschets abgedruckt, mit denen er 1994 für seinen Einzug in den Bundestag warb. "Zuhören können" steht über dem einen, "Entscheiden & handeln" über dem anderen.

Niemand bestreitet, dass er gut zuhören kann

Ein Vierteljahrhundert ist das inzwischen her. Aber die Plakate beschreiben das aktuelle Problem Laschets ziemlich gut. Niemand bestreitet, dass er gut zuhören kann. Aber beim "Entscheiden & handeln" trauen viele Söder mehr zu. Und so wird der CSU-Chef auch gefragt, ob es Laschet nicht an der nötigen Härte mangele. Worauf Söder nur trocken antwortet, da könne Norbert Röttgen auch anderes erzählen. Röttgen war Chef der NRW-CDU, jetzt ist es Laschet. Röttgen wollte in dem Bundesland Ministerpräsident werden, auch das ist jetzt Laschet.

Aber Söder wäre nicht Söder, wenn ihm nicht doch noch einige Bemerkungen rausrutschen würden, die ihn in einem besseren Licht als Laschet erscheinen lassen. Und so weist der CSU-Chef darauf hin, dass sein Schreibtisch immer ziemlich leer sei, weil er schnell alles abarbeite - während bei Laschet laut Biografie auf dem Schreibtisch immer ein rechtes Chaos herrsche. Außerdem erzählt Söder, dass er am Beginn der Corona-Krise im Gegensatz zu Laschet für Schulschließungen eingetreten sei, Laschet ihm später aber geschrieben habe: "Hattest recht, war der richtige Weg." Weil Söder weiß, dass man derlei nicht übertreiben sollte, schiebt er aber gleich hinterher, dass man dafür in Bayern gerne die Maskenpflicht in den Schulen aus NRW übernommen habe. Und so konnte der weit weg in Rom weilende Laschet mit der Präsentation am Ende ziemlich zufrieden sein.

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SZ vom 01.10.2020/jael
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