Söder und Kretschmann:"Wir halten uns mit zu viel Klein-Klein auf"

Soeder Kretschmann

Söder und Kretschmann warnen vor einer Überforderung der Leistungskraft ihrer beiden Bundesländer.

(Foto: Regina Schmeken)

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg kritisieren das Arbeitstempo der Bundesregierung. Und geben Einblick in ihre eigene schwierige Beziehung.

Von Max Hägler und Wolfgang Wittl, Berlin

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), kritisieren massiv die Arbeit der Bundesregierung. "Würden wir in dem Tempo arbeiten, das in Berlin vorgelegt wird, wären wir schon lange nicht mehr die Lokomotiven", sagte Kretschmann in einem Doppelinterview, das er gemeinsam mit seinem Amtskollegen Söder der Süddeutschen Zeitung gab. Auch Söder kritisierte, die rein auf Deutschland bezogene Politiksicht und die Krise der SPD verzögerten das notwendige Fortkommen bei neuen Technologien, beim Kohleausstieg oder dem Klimaschutz: "Manchmal denke ich mir, wir halten uns mit zu viel Klein-Klein auf", sagte der bayerische Ministerpräsident im SZ-Gespräch.

Kretschmann forderte die Bundesregierung auf, bei Zukunftsfragen viel regelmäßiger auf die Expertise der Bundesländer zurückzugreifen. "Markus Söder und ich reden jeden Monat mit Leuten aus der Automobilbranche. Wir verstehen was von der Sache", sagte der Grünen-Politiker. Mehr Tempo fordert er auch bei der Förderung der Künstlichen Intelligenz: "Ich war bei der Kanzlerin, um die Strategie zur Künstlichen Intelligenz durchzusprechen. Da hieß es, Mitte Januar gibt es weitere Gespräche. Jetzt ist Mitte Juni und es hat noch nichts stattgefunden."

Bei Sachthemen habe man schnell "auf derselben Wellenlänge gelegen", sagt Kretschmann

Zugleich warnten beide Politiker in ihrem ersten gemeinsamen Interview davor, die Bedürfnisse ihrer Bundesländer zu ignorieren. "Ohne die Leistungskraft des Südens wäre Deutschland in einer ökonomischen Schieflage", sagt Söder. "Manchmal haben wir aber den Eindruck, dass die Interessen und Sorgen des Südens zu wenig wahrgenommen werden." Bayern wie Baden-Württemberg hätten große Herausforderungen bei Verkehr, Energieversorgung und Wohnungsbau - und müssten zugleich gegen "internationale Player" bestehen, etwa gegen das Silicon Valley oder China. "Deshalb sagen wir der Kanzlerin: Die Stärken stärken", fordert sein Kollege Kretschmann. Die Kabinette von Baden-Württemberg und Bayern treffen sich am 23. Juli am Bodensee zu einer gemeinsamen Sitzung, beide Länder streben eine Partnerschaft beim Klimaschutz an.

Beide Politiker betonten, dass sich die anfangs schwierige persönliche Beziehung verbessert habe: Zwar sei man noch nicht beim "Du"; da wolle er nicht übertreiben, sagte CSU-Politiker Söder und es sei am Kollegen, das zu ändern: "Er ist der Ältere." Der 71-jährigen Kretschmann sagt indes: Man habe schnell bei Sachthemen "auf derselben Wellenlänge gelegen" und so zusammengefunden. Die Unterschiede zwischen seiner Partei, den Grünen, zur Union seien immer noch gravierend, aber man müsse "vom ideologischen Podest ein paar Stufen hinabsteigen, dann lockert sich manches auf". Auf die Frage, ob er gemeinsam mit Kretschmann regieren könnte, antwortete Söder: Mit Kretschmann sei das möglich, der sei pragmatisch. Aber: "Wir hätten uns erst einmal einigen müssen, wer Ministerpräsident wird." Eine mögliche Koalition mit den Grünen auf Bundesebene sei indes anders zu bewerten. "Ich befürchte", sagte Söder, "das Fenster dafür schließt sich. Der Trend der Grünen geht klar nach links."

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