Snowden:Und wenn schon

Deutschland oder ein anderer Staat der Europäischen Union sollte den US-Whistleblower aufnehmen, auch wenn das die Amerikaner verärgert. Denn ein Verräter ist nicht Edward Snowden, sondern die US-Regierung samt ihrer Organe wie etwa der NSA.

Von Joachim Käppner

Edward Snowden hat es selbst gesagt: Es sei traurig, dass der einzige Ort, an dem ein US-Whistleblower frei sprechen kann, Russland ist und nicht die EU. Und er hat recht. Snowden bleibt von der Gnade des Kreml abhängig. Es ist nicht nur traurig, sondern auch beschämend, dass sich kein EU-Staat findet, der Snowden aufnimmt, auch die Regierung in Berlin windet sich verlegen. Manche in der CDU klingen so, als sei es ein Verräter, den man da beherbergen solle.

Ja, eine Aufenthaltsgenehmigung oder gar Asyl für Snowden würde den wichtigsten Verbündeten, die USA, brüskieren, aber, wie man dort so schön sagt: So what? Edward Snowden war ja kein Agent fremder Mächte, sondern er brachte als Mitarbeiter des amerikanischen Abhördienstes NSA dessen illegales Überwachungsnetz ans Licht. Nicht er ist ein Verräter, sondern die US-Regierung samt ihrer Organe. Sie haben jene demokratischen Werte verraten, für die sie angeblich einstehen.

Präsident Donald Trump ließ sogar wissen, er würde Snowden gern tot sehen. Es gibt massive Zweifel, ob den Enthüller unter solchen Umständen in den USA ein faires Verfahren erwarten würde. Nicht nur deshalb ist es überfällig, dass die EU Menschen hilft, die Missstände und Unrecht enthüllen. Es gäbe einen Weg dazu: endlich ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern zu erlassen.

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