Slowakei:Robert Fico ist stärker als je zuvor

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Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei, bei seinem ersten öffentlichen Auftritt, nachdem er bei einem Attentat schwer verletzt worden war. (Foto: Zuzana Gogova/Getty Images)

Der Ministerpräsident hat sich von dem auf ihn verübten Attentat weitgehend erholt. Und der von ihm angestoßene Umbau des Staates ist derweil zügig vorangekommen.

Von Viktoria Großmann

Am Montagvormittag steht Robert Fico in einem Kornfeld. Den rechten Arm auf eine Krücke gestützt, in der linken Hand eine Ähre. Das enge Polo-Shirt soll wohl zeigen, dass der slowakische Ministerpräsident während seiner Rekonvaleszenz kaum an Muskelmasse verloren hat. Knapp acht Wochen ist es her, dass der 59-Jährige durch mehrere Schüsse aus nächster Nähe schwer verletzt wurde. In dieser Woche nimmt er offiziell seine Arbeit wieder auf. Bereits am Freitag, in der Slowakei ein staatlicher Feiertag zu Ehren der byzantinischen Missionare Kyrill und Method, hatte Fico eine öffentliche Ansprache gehalten. Er sprach über deren nationale Bedeutung und die „fantastische slowakische Kultur“, die es zu schützen gelte. Unter anderem vor der „progressiven und liberalen Ideologie, die sich wie ein Krebsgeschwür verbreitet“.

Der Termin auf dem Feld ist auch eine Art Tradition. Schon zu Zeiten des Sozialismus prüften die Staatsoberen regelmäßig vor der Ernte das Korn. Diesen Fototermin mochte sich Fico offenbar nicht nehmen lassen, Fragen von Journalisten wollte er aber nicht beantworten. Er könne noch nicht so lange stehen. In seiner Rede am Freitag hatte er gesagt, wenn es ihm seine Gesundheit erlaubt hätte, wäre er gern mit seinem ungarischen Kollegen Viktor Orbán nach Kiew und Moskau gereist. Orbáns „Friedensinitiative“ zollte Fico ausdrücklichen Respekt.

Der russlandfreundliche Orbán gilt als Ficos Vorbild, an Ungarn orientieren sich auch einige von Ficos Gesetzesinitiativen. Doch Fico handelt schneller als Orbán. Vergangenen September gewann Fico mit seiner populistischen Partei Smer die Nationalratswahl. Seither hat er mit seiner Dreierkoalition die Slowakei stärker verändert als in seinen früheren drei Amtszeiten zusammen.

Ficos Regierung baut den Staat um, und zwar sehr schnell

Das Tempo, in dem die Regierung aus Smer-Populisten, der linkspopulistisch moderaten Hlas und der rechtsradikalen SNS den Staat umbaut, wurde durch das Attentat auf Fico nicht gedrosselt. Fico findet bei seiner Rückkehr nun ein zu seinen Gunsten verändertes Umfeld vor. Im Präsidentenpalast sitzt seit 15. Juni statt der kritischen Bürgerrechtlerin Zuzana Čaputová der von Fico unterstützte Kandidat Peter Pellegrini. Ein nach dem Anschlag im Eilverfahren durchgebrachtes Gesetz, die sogenannte Lex Attentat, garantiert Fico eine lebenslange staatliche Rente. Der Täter, der in Untersuchungshaft sitzt, wird vermutlich lebenslang im Gefängnis bleiben, seine Tat gilt nun als terroristischer Akt.

Die von Fico oft diffamierte öffentlich-rechtliche Medienanstalt RTVS wurde aufgelöst und sendet seit einer guten Woche als STVR, kontrolliert von einem politisch besetzten Gremium. Auch die Kulturförderung wurde politisiert. Und soeben entschied das Verfassungsgericht, dass Ficos Justizreform in Ordnung geht: geringere Strafen für Korruption, kürzere Verjährungsfristen, die Auflösung der Spezialstaatsanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung – alles verfassungsgemäß. Es läuft für Fico. In Umfragen liegt seine Smer-Partei vorn, und Ficos Regierung präsentiert sich stabil und bereit, die gesamte Amtszeit durchzuhalten. Nächstes Ziel: Das Wahlsystem verändern. Kritiker befürchten, dass Fico auch hier Orbán nacheifert und sich die Macht über diese Amtszeit hinaus sichern möchte.

Und wie war es nun auf dem Kornfeld? Heiß und sonnig, wie schon in den vergangenen Wochen. Deshalb beginnt auch jetzt bereits die Ernte, die allerdings geringer ausfallen werde als in anderen Jahren. Eindeutig eine Folge des Klimawandels, konstatiert der mitgereiste Landwirtschaftsminister, auch aus Ficos Partei. Die Landwirte bemerkten, sie warteten auf Zahlungen aus dem Ministerium. Da geht wohl etwas nicht so flott. Nun, das sei „das Erbe der Pfuscher aus der vergangenen Regierung“, sagte Fico. Er werde sich im Übrigen persönlich darum bemühen, dass die Kornkammern des Landes gefüllt blieben.

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