Slowakei:Premierminister soll plagiiert haben

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Der slowakische Premier Igor Matovič am Freitag in Brüssel. In Bratislava werden Rücktrittsforderungen laut, nachdem bekannt wurde, dass er offenbar 1998 seine Diplomarbeit im Fach Finanzmanagement abgeschrieben hat. (Foto: John Thys/AFP)

Igor Matovič räumt ein, er habe im Studium "gefaulenzt". Zurücktreten werde er aber erst, wenn er alle Wahlversprechen erfüllt habe. Die Opposition sammelt bereits Unterschriften gegen ihn.

Von Viktoria Großmann, München

Der slowakische Premierminister Igor Matovič hat offenbar seine Diplomarbeit abgeschrieben. Das berichtet die Tageszeitung Denník N. In den vergangenen Wochen erst war bekannt geworden, dass es sich auch bei den Abschlussarbeiten des Parlamentspräsidenten Boris Kollár und des Bildungsministers Branislav Gröhling um Plagiate handeln soll.

Nur etwas mehr als drei Monate nach ihrem Antritt besteht damit für die Regierungskoalition die Gefahr zu zerbrechen. Der Oppositionsführer und frühere Premier Robert Fico erklärte, seine Partei Smer SD sammle Unterschriften für die Rücktrittsforderung. Kollár hatte erst kürzlich ein Misstrauensvotum knapp überstanden. Auf seiner Facebook-Seite räumte Matovič ein, im Studium "gefaulenzt" zu haben, eines Fehlers in seiner Abschlussarbeit sei er sich aber nicht bewusst gewesen. "Soll ich deshalb zurücktreten?", schreibt er. "Ich trete zurück. Sobald ich alles erfüllt habe, was ich den Leuten vor der Wahl versprochen habe."

Für dieses Vorhaben dürfte aber eine Amtszeit nicht ausreichen. Matovič kämpft mit seiner Partei Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten, Oľano, seit 2011 offensiv gegen die Korruption in der Slowakei, die Justiz und Polizei betrifft und in höchste Staatsämter reichte. Auch Kritiker gestanden ihm zu, dass es ihm mit diesem Anliegen ernst ist. Bisher ließ ihm die Corona-Pandemie jedoch wenig Zeit dafür. Unmut rief Matovičs angriffslustige, seinem Amt kaum angemessene Sprache hervor. Kritikern gilt er als unberechenbar und unzuverlässig, zudem hat Matovič eher rückschrittliche Kräfte ins Parlament gebracht. Nachdem Kollárs Plagiat bekannt geworden war, hatte Matovič erklärt, er werde ein neues Gesetz schaffen, nachdem jeder, der seinen Posten durch eine gefälschte Abschlussarbeit erlangt hat, Titel und Posten verlieren müsse. Seinen Parlamentspräsidenten nahm er davon allerdings aus.

© SZ vom 18.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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