Skandal um Berlusconi:Diese Medien! Dieser Murdoch! Diese Linken!

Silvio Berlusconi fühlt sich verfolgt. Grund für die Paranoia des Premiers: Die Linken, ausländische Medien und Konkurrent Murdoch. Im Streit um Party-Fotos gibt er nach.

Medienmogul Silvio Berlusconi fühlt sich in der Affäre um sein unklares Verhältnis zu einer Minderjährigen verfolgt. Von Journalisten. Der italienische Regierungschef warf am Mittwochabend in einer Sendung des Staatsfernsehens Rai Uno ausländischen Medien vor, auf ihn Jagd zu machen.

Berlusconi bei Rai Uno, AFP

Berlusconi in der Sendung "Porta a Porta" - der Politiker und Unternehmer fühlt sich verfolgt.

(Foto: Foto: AFP)

Die internationale Presse sei von "gewissen italienischen Journalen inspiriert oder gehörten jemandem, der gegen die Mediaset-Gruppe ist". Mediaset, das ist Berlusconis TV-Imperium. Es umfassst alle drei großen italienischen Privatsender.

Die Nachfrage des Moderators, ob seine Vorwürfe auf seinen australischen Konkurrenten Rupert Murdoch zielten, bejahte TV-Monopolist Berlusconi. Murdoch, der kauzige Konservative aus den USA, steckt also hinter allem! Auf den Tycoon ist Berlusconi aus offensichtlichen Gründen nicht gut zu sprechen: Dem Eigentümer von Fox TV, Wall Street Journal, Times und Sun gehört unter anderem auch der Satellitensender Sky - der in Italien bald mehr Zuschauer erreichen dürfte als Mediaset und Rai zusammen.

Journalisten im eigenen Land verpasste Berlusconi gewohnt lässig einen Seitenhieb: "Ich lese die Repubblica seit Jahren nicht", so der Politiker über die eher kritische Zeitung aus Rom - "und es geht mir gut".

Eine Kehrtwende vollzog der kurz vor der Europawahl stark unter Druck geratene Berlusconi dagegen in der Affäre um angeblich pikante Fotos von Partys auf seinem Anwesen in Sardinien. Nach einer Einstweiligen Verfügung, mit der Berlusconi zunächst deren Veröffentlichung untersagt hatte, zeigte er sich bei Rai Uno entspannt.

Die Fotos könnten veröffentlicht werden: Er habe sie gesehen und nichts einzuwenden. Es sei nichts Unanständiges darauf zu sehen. Dem Corriere della Sera zufolge zeigen die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Fotos unter anderem junge Frauen im Bikini oder oben ohne im Garten des Berlusconi-Anwesens sowie bekleidete Mädchen neben Berlusconi im Hof der Gästewohnungen.

"Würde wieder zu Noemis Party gehen"

Einige der Fotos wurden demnach während der Silvesterfeier 2008/2009 gemacht. An diesem Fest soll auch die damals 17-jährige Noemi teilgenommen haben, deren unklares Verhältnis zu Berlusconi im Mittelpunkt des derzeitigen Skandals um den Regierungschef steht. Zur Party zu Noemis 18. Geburtstag, die den jüngsten Aufruhr auslöste, würde er im Übrigen "jederzeit wieder gehen", sagte Berlusconi in der Rai.

In einer anderen Sache ist Berlusconi dagegen erneut ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Ansa gehen die Ermittler Hinweisen nach, denen zufolge der Ministerpräsident seinen Bekannten Reisen in Regierungsjets ermöglicht haben soll. Es handele sich um ein übliches Verfahren nach Vorwürfen seitens der Verbraucherorganisation Codacons.

Auf einem in Olbia aufgenommenen Foto eines sardischen Paparazzo ist zu sehen, wie Berlusconi zusammen mit seinem Lieblingssänger Mariano Apicella und einer Tänzerin ein Staatsflugzeug verlässt.

Bei Rai Uno sagte Berlusconi kurz vor der Aufnahme der Untersuchung: "Ich bin absolut gelassen, weil wir die Regeln in dieser Sache beachtet haben." Es sei reiner Pragmatismus, wenn ein Gast auf einem Flug mitreise, den es auch ohne ihn gegeben hätte. Das koste den Steuerzahler keinen Cent mehr.

Wenige Tage vor der Europawahl in Italien sieht Berlusconi sein Land trotz Wirtschaftskrise in insgesamt gutem Zustand: "Mir hat keiner gesagt: 'Wir haben Hunger'."

Frattini gegen D'Alema

Berlusconi ist mit seiner Schelte ausländischer Medien nicht allein: Sein Außenminister Franco Frattini hat am Mittwoch demonstrativ betont, er sei "stolz, Italiener zu sein". Es sei unerträglich, dass das Bild seines Landes durch die Linke und negative Berichte im In- und Ausland beschädigt werde. Die Linke habe "keine Identität, kein Herz, keinen Geist".

Klare Worte aus dem linken Lager hatten Frattinis Ausbruch ausgelöst: Massimo D'Alema, einst selbst Ministerpräsident, lobt in Reaktion auf den jüngsten Berlusconi-Skandal die Berichterstattung im Ausland. In einer Rede in Neapel erklärte er, die Wahrheit über Italiens Politik sei wenigstens in der fremdsprachigen Presse zu lesen. Dort seien die Verantwortlichen nicht von Berlusconi abhängig - "deshalb schreiben sie die Wahrheit".

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