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Sipri-Bericht:Militärausgaben erreichen Rekordniveau

Dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge haben die Staaten im vergangenen Jahr erstmals mehr als zwei Billionen Dollar ins Militär gesteckt - das entspricht 2,2 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Besonders China gab mehr Geld aus.

Die globalen Militärausgaben haben Friedensforschern zufolge im vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht. Weltweit gaben Staaten im vergangenen Jahr 2113 Milliarden US-Dollar (etwa 1956 Milliarden Euro) für ihre Streitkräfte aus und damit so viel wie nie zuvor, teilte das Sipri-Institut am Montag in Stockholm mit. Das war ein Anstieg von 0,7 Prozent im Vergleich zu 2020 und ein Plus von zwölf Prozent verglichen mit dem Jahr 2012. Demnach wuchsen die weltweiten Militärausgaben das siebte Jahr in Folge. Wirtschaftliche Einbrüche durch die Corona-Pandemie haben die Aufwärtsspirale nicht gestoppt.

Am stärksten haben die USA, China, Indien, Großbritannien und Russland ihre Ausgaben erhöht. Zusammen stehen die fünf Länder für 62 Prozent der globalen Militärausgaben. Deutschland belegt hinter Frankreich Platz sieben. Laut Sipri entsprach die Gesamtsumme 2021 einem Anteil von 2,2 Prozent am weltweiten Bruttoinlandsprodukt. Das war ein leichter Rückgang von 0,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2020. Vor allem die Regionen Asien und Ozeanien (plus 3,5 Prozent) sowie Europa (plus drei Prozent) gaben deutlich mehr für Militär und Rüstung aus. Spitzenreiter aber blieben die USA.

An der Spitze stehen die USA: Kein Land gibt so viel für sein Militär aus

Auch wenn die US-Ausgaben vergangenes Jahr unter anderem wegen der hohen Inflation um 1,4 Prozent im Vergleich zu 2020 sanken, gab Washington mit 801 Milliarden US-Dollar mehr als jedes andere Land für seine Streitkräfte aus. Das entsprach einem globalen Anteil von 38 Prozent. Zugleich wuchs die US-Finanzierung für militärische Forschung und Entwicklung im Zeitraum von 2012 bis 2021 um 24 Prozent. Dem Bericht zufolge konzentrieren sich die USA vor allem auf die Modernisierung von Waffensystemen. "Die US-Regierung hat wiederholt die Notwendigkeit betont, den technologischen Vorsprung des US-Militärs gegenüber strategischen Konkurrenten zu bewahren", erklärte Sipri-Forscherin Alexandra Marksteiner. Gemeint sind vor allem China und Russland.

Auf Platz zwei des Rankings liegt China mit einem Weltanteil von 14 Prozent. Im vergangenen Jahr gab Peking geschätzte 293 Milliarden US-Dollar für das Militär aus, das waren 4,7 Prozent mehr als 2020. Verglichen mit dem Jahr 2012 bedeutet dies gar ein Plus von 72 Prozent. Damit wuchsen Chinas Militärausgaben das 27. Jahr in Folge. Diesen ununterbrochenen Aufwärtstrend hat Sipri für kein anderes Land der Welt dokumentiert. Indien, das auf dem dritten Platz liegt, gab innerhalb des untersuchten Zeitraums 76,6 Milliarden US-Dollar aus, das waren 0,9 Prozent mehr als 2020. Die Ausgaben Großbritanniens wuchsen um drei Prozent auf 68,4 Milliarden US-Dollar.

Russland und die Ukraine erhöhten ihre Militärausgaben

Russland (Platz 5) steigerte seine Militärausgaben um 2,9 Prozent auf 65,9 Milliarden US-Dollar und damit das dritte Jahr in Folge. Hohe Einnahmen durch Öl und Gas hätten den russischen Etat begünstigt, sagte Sipri-Forscherin Lucie Béraud-Sudreau. Zwischen 2016 und 2019 seien Moskaus Ausgaben in das Militär demnach gesunken - wegen niedriger Energiepreise und Wirtschaftssanktionen als Reaktion auf Russlands Annexion der Krim im Jahr 2014. Auch die Ukraine, die am 24. Februar von Russland angegriffen wurde, steigerte die Militärausgaben in den vergangenen Jahren deutlich: Zwischen 2014 und 2021 wuchsen diese um 72 Prozent, im Vergleich zu vor zehn Jahren sogar um 142 Prozent. Unterbrochen wurde der Trend kurz vor der russischen Invasion; so sanken die ukrainischen Militärausgaben vergangenes Jahr um 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden US-Dollar. Allerdings machte der Anteil der Militärausgaben immer noch 3,2 Prozent des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts aus.

Deutschland gab vergangenes Jahr 56 Milliarden US-Dollar (etwa 51,8 Milliarden Euro) für sein Militär aus. Auch wegen der hohen Inflation waren das 1,4 Prozent weniger als 2020. Der Anteil betrug demnach 1,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Wenige Tage nach Russlands Einmarsch in die Ukraine hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr angekündigt. Dem Bericht der Stockholmer Friedensforscher zufolge erklärten weitere europäische Nato-Mitgliedstaaten ebenfalls, ihre Militärausgaben insbesondere für neue Waffensysteme zu steigern. Damit solle das Zwei-Prozent-Ziel des NATO-Verteidigungsbündnisses erreicht oder übertroffen werden. Neben Deutschland waren das laut Sipri Belgien, Dänemark, Litauen, die Niederlande, die Niederlande, Norwegen, Polen und Rumänien.

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