Sindschar im Nordirak:Diese Jesidinnen kämpfen gegen den IS

Eine Fotografin bereist die nordirakische Region Sindschar. Sie trifft auf traumatisierte Menschen - und auf jesidische Frauen, die zur Waffe greifen.

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Quelle: Birgit Haubner

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September 2015, im Sindschar-Gebirge im Nordirak: Zerstörte Autos und verstreute Kleidungsstücke zeugen von Kämpfen und einer hastigen Flucht. Vor mehr als einem Jahr, im August 2014, flohen Zehntausende Jesiden vor den anrückenden Truppen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Die Münchner Fotografin Birgit Haubner (hier ihre Website) besuchte im Spätsommer 2015 den Nordirak und dokumentierte, wie es in dem Gebiet aussieht, in dem die Peschmerga und andere kurdische Kampfverbände diese Woche eine neue Offensive zur Rückeroberung der Stadt Sindschar gestartet haben (mehr dazu). Hier ihre Eindrücke.

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Quelle: Birgit Haubner

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Sie sind zurückgekehrt: Die Jesidin Ewaish und ihre jüngste Tochter Mizgen (Namen geändert) sitzen Ende August vor einem Zelt am Sindschar-Berg. Wie Tausende andere jesidische Frauen und Kinder wurden sie von Kämpfern des Islamischen Staates entführt. Tausende Jesiden wurden vom IS zudem brutal getötet.

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Quelle: Birgit Haubner

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Ewaish wurde nach Syrien verschleppt und mit zweien ihrer drei Kinder nacheinander an vier Männer verkauft. Sie konnte fliehen. Doch von ihrer zehnjährigen Tochter fehlt bis heute jede Spur. Ihre Eltern wurden vor ihren Augen auf der Flucht erschossen, berichtete sie Fotografin Birgit Haubner. Nun leben Ewaish und Mizgen in einem selbstgebauten Zelt am Sindschar-Berg - wie etwa 20 000 weitere Flüchtlinge.

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Quelle: Birgit Haubner

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Auch ihr gelang die Flucht aus den Händen des IS: Die 25 Jahre alte Jesidin Jwan (Name geändert), die in einem Camp für jesidische Binnenvertriebene in der Nähe von Dohuk wohnt, will ihr Gesicht nicht zeigen. Sie befürchtet, es könne Familienangehörigen gefährden, die immer noch in den Händen des IS sind.

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Quelle: Birgit Haubner

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Blick auf das Flüchtlingscamp in Sharya (Dohuk). Jwan lebt in einem ähnlichen Lager in der Region: Eine in Dohuk ansässige Organisation, die versucht, die Entführten zu befreien, habe die Namen von mehr als 5000 jesidischen Frauen, Männern und Kindern gesammelt, die vom IS gekidnappt wurden, berichtet Fotografin Birgit Haubner. Die Dunkelziffer liege vermutlich höher. Mehr als 2000 Personen seien bisher befreit worden, darunter etwa 800 Frauen. Für Flüchtlinge wie Jwan fehlt nach ihrer Rückkehr vor Ort die Unterstützung.

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Quelle: Birgit Haubner

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Die Gnadenlosigkeit und Brutalität, mit der die islamistischen Kämpfer gegen ihre Glaubensschwestern und Glaubensbrüder vorgehen, wollen viele Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden nicht einfach hinnehmen. Auch Frauen greifen zur Waffe. Die 20-jährige Rojbin - hier Ende August im Stützpunkt der jesidischen Frauen-Miliz YJE in Sindschar - erzählte, dass sie unbedingt an diesen Ort wollte, als sie vom Genozid an den Jesiden hörte. Sie stammt aus dem Norden Syriens.

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Quelle: Birgit Haubner

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Die in ihrer Heimat Nordirak bekannte jesidische Sängerin Xate Shingali gründete sogar eine eigene Peschmerga-Frauenbrigade, die "Sun Girls". Sie rekrutierte dafür mehr als hundert Jesidinnen, berichtet die britischen Daily Mail. "Es sind so viele Familien in den Händen des IS. Daher ist es unsere Pflicht zu kämpfen", sagte die Jüngste der Gruppe, die 17-jährige Jane, der Zeitung. Das Bild wurde im August in Sharya in der Region Dohuk aufgenommen.

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Quelle: Birgit Haubner

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Traditionell kämpfen bei den kurdischen Peschmerga allerdings eher wenige Frauen, und auch bei den Jesidinnen ist es neu, dass sie zur Waffe greifen. Jesidische Männer kämpfen indes schon länger gemeinsam mit den Peschmerga - wie diese Männer, die im September an der Front in Sindschar die Bewegungen des Feindes beobachten.

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Quelle: SZ

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Blick auf die Frontlinie in Sindschar am 26. August 2015: Die kurdischen Kämpfer haben die Straßen mit farbigen Tüchern und Teppichen abgehängt, damit sie sich verborgen vor den Augen der IS-Scharfschützen bewegen können.

Nachdem die Stadt 2014 vom IS überrannt worden war, gelang es dem bewaffneten Arm der Kurdischen Arbeiterpartei PKK sowie jesidischen und Peschmerga-Einheiten in den Folgemonaten, Teile des Gebiets zurückzuerobern. Die Stadt Sindschar blieb jedoch größtenteils in der Hand des IS - dort tobte ein erbitterter Häuserkampf, berichtet Birgit Haubner.

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Quelle: Birgit Haubner

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Hier der Blick von der Frontlinie am 27. August 2015 auf den Teil der Stadt Sindschars, der zu diesem Zeitpunkt von der IS-Terrormiliz kontrolliert wurde. Mittlerweile sollen kurdische Kampfverbände die stark zerstörte Stadt vollständig zurückerobert haben. Das gab der irakische Kurdenpräsident Massud Barsani zumindest am Freitag bekannt.

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Quelle: Birgit Haubner

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Die jetzigen Kämpfe um Sindschar scheinen von Peschmerga gesteuert worden zu sein. Was ihr Erfolg für die weitere Entwicklung in der Region heißt, wird sich zeigen. Denn in den Kurdengebieten ringen rivalisierende Gruppen um die Vorherrschaft - so auch der militärische Arm der PKK. Im Bild: PKK-Scharfschützen nehmen Ende August IS-Kämpfer in Sindschar-Stadt ins Visier.

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Quelle: Birgit Haubner

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Manche Jesiden vertrauen den Peschmerga nicht mehr - weil sie Sindschar im Sommer 2014 kampflos den IS-Milizen überließen. "Die Peschmerga haben uns verraten", sagte der 75 Jahre alte Ali. Sie hätten sich einfach davon gemacht und die Bewohner der Stadt schutzlos zurückgelassen. Auch Ali wurde vom IS enführt, er kam Anfang des Jahres frei und ließ sich Ende August in seinem provisorischen Zelt in einem Camp nahe Sindschar fotografieren. Falls der IS wieder weiter vorrückt, möchte sich der alte Mann selbst verteidigen.

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Quelle: Birgit Haubner

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Bei der PKK spielt der ideologische Hintergrund eine wesentliche Rolle. Ihre Kämpfer und Kämpferinnen werden nicht nur militärisch ausgebildet, sondern - wie hier in Sindschar - auch mit den Thesen von PKK-Chef Abdullah Öcalan vertraut gemacht. Manche jesidische Einheiten wurden ebenfalls von der PKK geschult.

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Quelle: Birgit Haubner

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Einige Jesiden-Milizen kämpfen gemeinsam mit den bewaffneten PKK-Anhängern. Hier ein Mitglied eines weiblichen Kampfverbandes im von Kurden kontrollierten Teil Sindschars Ende August.

© SZ.de/gal/mcs
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