Simon-Wiesenthal-Zentrum:Neue Namen auf Liste der meistgesuchten Nazis

Sie gehörten der berüchtigten SS-Division Totenkopf an: Mit Hans Lipschis und Theodor Szehinskyj setzt das Simon-Wiesenthal-Zentrum zwei weitere mutmaßliche NS-Verbrecher auf die Liste der meistgesuchten Nazis. Die Organisation kritisiert zahlreiche Länder für ihre mangelnden Bemühungen um die Verfolgung der Täter.

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hat auf seiner Liste der zehn meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher zwei Namen ausgetauscht. Die Aufstellung wurde dieses Jahr um Hans (Antanas) Lipschis und Theodor Szehinskyj ergänzt, die beide der berüchtigten SS-Division Totenkopf angehörten, wie die israelische Zeitung Haaretz berichtet. Das größte Hindernis bei der Verfolgung von mutmaßlichen NS-Verbrechern sei nicht das Alter der Verdächtigen, sondern in vielen Fällen schlicht ein Mangel an politischem Willen, kritisierte der Direktor des Zentrums, Efraim Zuroff, in Jerusalem.

Sowohl Lipschis als auch Szehinskyj waren nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA geflüchtet. Lipschis, der jetzt in der Liste an vierter Stelle geführt wird, war als SS-Aufseher von 1941 bis 1945 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Er wurde bereits vor 30 Jahren nach Deutschland ausgeliefert, wo derzeit gegen ihn ermittelt wird.

Szehinskyj, nun auf Platz neun der Liste, sollte bereits vor zehn Jahren aus den USA ausgewiesen werden, allerdings hat sich bislang kein Land bereiterklärt, ihn aufzunehmen. Dem Bericht zufolge war Szehinskyj Aufseher der SS in den Konzentrationslagern Groß-Rosen in Polen, Sachsenhausen sowie in Warschau.

Nicht mehr auf der Liste stehen Károly (Charles) Zentai, dessen Auslieferung nach Ungarn im Vorjahr von Australien abgelehnt wurde, sowie der zwischenzeitlich verstorbene Klaas Carel Faber.

Wiesenthal-Zentrum kritisiert mangelnde Aufklärungsbemühungen

Das Zentrum berichtete weiter, dass "in den vergangenen zwölf Jahren mindestens 99 Nazikriegsverbrecher verurteilt und mindestens 89 neue Anklagen eingereicht wurden". Die "mancherorts vorherrschende Meinung, es sei wegen des Alters der Täter zu spät, die Holocaustverbrechen zu ahnden", würden durch diese Zahlen widerlegt. "Die Erfolge, die durch darauf spezialisierte Ermittler in den USA, Italien und Deutschland erzielt wurden, sollten Ansporn für andere Länder sein", betonte das Wiesenthal-Zentrum.

Insgesamt bescheinigte das Wiesenthal-Zentrum in seinem Jahresbericht zur Verfolgung von Holocaustverbrechen Deutschland ernsthafte Bemühungen bei der Verfolgung von NS-Verbrechern. Die Einrichtung vergab in ihrem am Sonntag veröffentlichten Jahresbericht die Note "gut" an die Bundesrepublik. Derzeit sind deutsche Fahnder 50 KZ-Aufsehern aus Auschwitz-Birkenau auf der Spur. Die USA erhielten als einziges Land ein "sehr gut".

Die Bemühungen von Ländern wie Australien, Österreich, Estland, Lettland, Litauen und der Ukraine im Jahre 2012 wurden hingegen als "mangelhaft" eingestuft, weil es dort keinen politischen Willen gebe, NS-Verbrecher vor Gericht zu bringen. Als wichtigsten Erfolg des vergangenen Jahres wertet das Wiesenthal-Zentrum die Anklage des "meistgesuchten NS-Kriegsverbrechers" László Csatáry. Er soll 1944 als Polizeichef im damals ungarisch besetzten slowakischen Košice die Deportation von nahezu 16.000 Juden ins KZ Auschwitz organisiert haben. Bis zu seiner Festnahme im Juli 2012 lebte er unbehelligt in Budapest.

Das Wiesenthal-Zentrum ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren bekannt geworden. Die 1977 gegründete Menschenrechtsorganisation hat ihren Hauptsitz in Los Angeles. Das Zentrum ist nach dem österreichischen Juden Simon Wiesenthal (1908 bis 2005) benannt, der viele Angehörige während des Holocaust verloren und deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit nach Nazi-Tätern geforscht hatte.

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