Süddeutsche Zeitung

Simbabwe:Vom Milliardär, der einspringt

Ärzte haben ihren Streik beendet, weil ein Telekommunikations-Unternehmer ihnen Geld zahlt. Die Regierung in Harare hingegen hat wenig getan.

Von Anna Reuß

Am Ende hatten sie wohl keine Wahl mehr. In der vergangenen Woche nahmen Simbabwes Ärzte schließlich das Angebot des Milliardärs Strive Masiyiwa an und beendeten damit ihren monatelangen Streik. Künftig wird der in London lebende Masiyiwa rund 2000 Ärzten ein monatliches Stipendium zahlen, das einen Betrag von 300 US-Dollar sowie Transportkosten abdeckt. Laut Medienberichten verdient ein angestellter Arzt in Simbabwe etwa 100 Euro im Monat. Aus Protest gegen ihre niedrigen Gehälter und die sich verschlechternden Bedingungen hatte die Gewerkschaft die Ärzte im September dazu aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. In vielen staatlichen Krankenhäusern war der Betrieb fast zum Erliegen gekommen.

Strive Masiyiwa, der Gründer des Telekommunikationskonzerns Econet, hatte bereits 2019 einen Fonds eingerichtet, um die Ärzte in seinem Heimatland zu unterstützen. Zunächst hatten die Ärzte das jedoch abgelehnt, um weiter Druck auf die Regierung auszuüben. Diese blieb jedoch hartnäckig und weigerte sich, auf die Forderung einzugehen. Auf dem Höhepunkt im Streit um Löhne und Arbeitsbedingungen entließen die staatlichen Krankenhäuser Ende November fast 500 Ärzte, die zuvor gestreikt hatten.

In den Krankenhäusern gebe es nicht genug Spritzen und Medikamente - das habe der Gewerkschaft zufolge einen "stillen Völkermord" herbeigeführt, so lautete der schwerwiegendste Vorwurf. Ein Sprecher der Zimbabwe Hospital Doctors Association sagte dem Sender CNN, es gebe kein fließendes Wasser auf vielen Stationen und die Ausstattung sei veraltet.

Simbabwe, einer der letzten afrikanischen Staaten, der die weiße Kolonialherrschaft 1980 abschaffte, ist hoch verschuldet. Unter dem autokratischen Präsident Robert Mugabe, der im September mit 95 Jahren starb, kam es zu einer schweren Wirtschaftskrise, mit der das Land bis heute kämpft. Mugabe hatte fast vier Jahrzehnte regiert, unter seiner Herrschaft wurde Simbabwe ein autoritärer Staat. Seine letzten Jahre an der Macht waren von Brutalität und Gewalt gegen seine eigenen Bürger geprägt. Sein Nachfolger Emmerson Mnangagwa versprach zwar umfassende Reformen und eine Öffnung der staatlich gelenkten Wirtschaft, er konnte jedoch seit seinem Amtsantritt 2018 die dramatische wirtschaftliche Lage des Landes nicht verbessern.

Laut einem Bericht der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) liegt das hauptsächlich an Blockaden und Machtkämpfen zwischen Opposition und der Regierungspartei Zimbabwe African National Union - Patriotic Front. Laut SWP gibt der Staat 90 Prozent des Haushalts für den öffentlichen Dienst aus, was, neben der Erhöhung von Benzin- und Lebensmittelpreisen Anfang 2019 zu massiven Protesten führte. Viele Menschen haben zudem keinen Zugang zu Trinkwasser. Wegen einer Dürre droht Simbabwe dem Welternährungsprogramm zufolge die schlimmste Hungerkrise seit zehn Jahren. Mais sei nur noch auf wenigen Märkten zu kaufen und wegen der hohen Inflation sehr teuer.

Auch das Gesundheitssystem Simbabwes ist unzureichend, viele Menschen können sich die Versorgung in Krankenhäusern nicht leisten. Von Angehörigen der Patienten wird häufig erwartet, dass sie Hilfsmittel wie Verbände und Handschuhe selbst mitbringen. Das Ende des Ärztestreiks könnte allerdings nur von kurzer Dauer sein, da Masiyiwa die Ärzte erst einmal für sechs Monate unterstützen will. Danach, das kündigte die Gewerkschaft an, wollen sich die Ärzte weiterhin bei der Regierung für eine dauerhafte Lösung des Streits einsetzen.

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SZ vom 29.01.2020
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