Simbabwe:Unruhen nach der ersehnten Wahl

Lesezeit: 2 min

  • Bei schweren Unruhen sind in Simbabwe mindestens drei Menschen ums Leben gekommen.
  • Die Polizei schoss mit scharfer Munition auf hunderte Demonstranten der Opposition.
  • Die Opposition protestiert gegen aus ihrer Sicht gefälschte Wahlen. Auch EU-Wahlbeobachter Elmar Brok sieht schwerwiegende Mängel.

Von Bernd Dörries, Harare

Ein Anhänger der Opposition bei den Protesten in Harare gegen mutmaßliche Wahlfälschung in Simbabwe. (Foto: Luis Tato/AFP)

In Simbabwe ist es nach der Bekanntgabe erster Ergebnisse der Parlaments- und Präsidentschaftswahl zu schweren Unruhen gekommen. Die Polizei schoss in der Hauptstadt Harare mit scharfer Munition auf mehrere Hundert Demonstranten der Opposition, nach ersten Angaben wurden dabei drei Menschen getötet. Die Armee rückte mit Panzern in die Innenstadt vor, die Polizei griff Journalisten an und zerstörte Kameras. Die Unruhen begannen am Mittwoch direkt nach Bekanntgabe eines Großteils der Ergebnisse der Parlamentswahl, bei der die regierende Zanu-PF die absolute Mehrheit erreichte.

Vor dem Hauptquartier der Opposition hatten sich daraufhin hundert Demonstranten versammelt, die gegen den aus ihrer Sicht gefälschten Wahlausgang protestierten. Die Polizei fuhr mit Wasserwerfern vor, als einige Jugendliche Steine warfen, schoss die Armee scharf zurück. Stundenlang glich das Stadtgebiet einer Kriegszone, verängstigte Passanten und Büroangestellte verbarrikadierten sich in Geschäften, Hubschrauber kreisten über der Skyline, gepanzerte Wagen fuhren durch die Straßen, die Polizei verfolgte Steinewerfer und schlug sie zusammen. "Das ist Krieg", schrien aufgebrachte Jugendliche.

Emmerson Mnangagwa wollte die Armee als Freund des Volkes darstellen

Am späten Nachmittag verteidigte Justizminister Ziyambi Ziyambi das Vorgehen, die Armee sei ausgerückt, um "Frieden und Stabilität" wieder herzustellen. In der Innenstadt trat aber das Gegenteil ein, die Lage eskalierte durch den brutalen Einsatz der Soldaten. Laut Opposition wurde etwa ein Dutzend Verletzte in Krankenhäuser gebracht, viele mit Schussverletzungen. Am Abend beruhigte sich die Lage, im gesamten Stadtgebiet wurden aber immer wieder unbeteiligte Zivilisten von der Armee angehalten und misshandelt.

Die Gewalt ist ein herber Rückschlag für Präsident Emmerson Mnangagwa. Er hatte im November 2017 Robert Mugabe aus dem Amt geputscht und versucht, die Armee als Freund des Volkes darzustellen, welche die Demokratie beschützt. "Er zeigt jetzt sein wahres Gesicht", sagte Harmony, eine junge Frau, die nur ihren Vornamen nennen wollte und in einem Geschäftshaus Deckung suchte. "Die Regierung besteht nur aus Lügnern und Betrügern." Am Nachmittag waren die Demonstranten auch vor die Rainbow Towers gezogen, wo seit Dienstag Einzelergebnisse der Wahl bekannt gegeben wurden. Auch kurz vor Beginn der Auseinandersetzungen.

Nach Angaben der Wahlkommission vom Mittwoch entfallen auf Mnangagwas Partei Zanu-PF 145 von 210 Parlamentssitzen, was einer Zweidrittelmehrheit entspricht, mit der auch die Verfassung geändert werden kann. Die größte Oppositionspartei MDC-Alliance kam lediglich auf 60 Sitze, ihre Vertreter warfen der Regierung Betrug vor.

Wahlbeobachter sehen schwerwiegende Mängel

Auch nach Ansicht von EU-Wahlbeobachter Elmar Brok habe es schwerwiegende Mängel gegeben, unter anderem "Beeinflussungen, sanfte Einschüchterung, Druck und Zwang" im Wahlkampf und bei der Stimmabgabe. "Während die politischen Rechte weitgehend respektiert wurden, gibt es Sorgen hinsichtlich der Gesamtlage und des missbräuchlichen Einsatzes staatlicher Mittel", resümierte Brok. Ähnlich äußerten sich Wahlbeobachter aus den USA.

Das wichtigste Ergebnis steht allerdings aus. Ursprünglich wollte die Wahlkommission am Mittwochnachmittag die Stimmen der Präsidentschaftswahl ausgezählt haben, sagte die Bekanntgabe des Ergebnisses dann aber ab, da die Vertreter der einzelnen Parteien zuerst die Ergebnisse verifizieren müssten, was noch nicht geschehen sei. Laut Gesetz müssen die Resultate bis zum 4. August bekannt gegeben werden. Sowohl der Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa als auch der Oppositionschef Nelson Chamisa hatten sich bereits zum Sieger erklärt. Wahlbeobachter Elmar Brok mahnte am Mittwoch, je länger die Auszählung dauere, desto mehr Glaubwürdigkeit werde verloren gehen.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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