Süddeutsche Zeitung

Silvio Berlusconi:"Ich bin der beste Premier aller Zeiten"

Silvio Berlusconi, der sich für den Meistverfolgten der Gesichte hält, will Italien weiterregieren. Dafür lässt er ein Gesetz ausarbeiten, das ihn juristisch schützen soll.

Andrea Bachstein

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi schließt einen Rücktritt kategorisch aus. Zwei Tage nachdem das Verfassungsgericht seine Immunität aufgehoben hat, sagte er: "Ich bin der beste Premier aller Zeiten." Zu den Erwägungen in seiner Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit) und bei seinem nationalistischen Koalitionspartner Lega Nord, die Bevölkerung zu Demonstrationen für Berlusconi aufzurufen, sagte er, das sei nicht nötig. "Wir sind an der Regierung, wir haben die Zustimmung der Bevölkerung. Es ist klar, dass wir in der Mehrheit sind, und wir werden fünf Jahre lang regieren."

Die Prozesse, die nun in Mailand gegen ihn weitergeführt oder aufgenommen werden können, bezeichnete der Premierminister als Farce. Erneut griff er die seiner Ansicht nach linke Richterschaft an, er fühle sich von der Justiz verfolgt, betonte Berlusconi. "Ich bin der am meisten Verfolgte der Geschichte, sagte er, "angesichts dessen, dass ich immer freigesprochen worden bin." Es habe 109 Verfahren gegen ihn gegeben, mehr als 2500 Anhörungen, mehr als 530 Durchsuchungen, erklärte Berlusconi weiter. "Ich musste mehr als 200 Millionen Euro ausgeben, um Anwälte zu bezahlen", klagte er.

Die Heftigkeit, mit der der Streit über das Immunitäts-Urteil geführt wurde, hat sich allerdings ein wenig gelegt. Parlamentspräsident Gianfranco Fini und der Präsident des Senats, Renato Schifani, waren von Staatspräsident Giorgio Napolitano zu einer Unterredung gerufen worden. Danach erklärten sie, dieser habe in der Angelegenheit der Immunitätsgesetze vollkommen in Übereinstimmung mit der Verfassung gehandelt.

Sie erklärten die Absicht, dass alle Verfassungsorgane sich um ein Klima loyaler Zusammenarbeit im Interesse des Landes bemühen werden. Regierungschef Silvio Berlusconi hatte den Staatspräsidenten nach der Urteilsverkündung heftig attackiert und ihm linke Parteilichkeit unterstellt.

Vulgäre Attacken

Die Opposition legte am Freitag nicht nach. Der Chef der größten Oppositionspartei, der Partito Democratico (PD), Dario Franceschini, rief die Italiener lediglich auf, in großer Zahl an den Vorwahlen für den Vorsitz seiner Partei teilzunehmen. Je mehr Bürger daran teilnähmen, umso deutlicher könnten sie so zusammen die "schändlichen Angriffe auf die Verfassung" verurteilen. Es gehe um die Qualität der Demokratie, die jetzt gefährdet sei durch Versuche, autoritär einzugreifen, und durch vulgäre Attacken.

Ministerpräsident Berlusconi selbst hat auch etwas sachlichere Töne angeschlagen und versichert, dass eine loyale Zusammenarbeit mit dem Präsidenten noch möglich sei und es keine Hindernisse bei geplanten Reformvorhaben geben werde. Allerdings sei nach dem Urteil des Verfassungsgerichts auch klar, sagte er auf den Präsidenten gemünzt, dass niemand sich als super pares betrachten könne, also als über allen anderen stehend.

Verjährungsfrist verkürzen

Berlusconi verwies nochmals ausdrücklich darauf, dass Giorgio Napolitano immer ein Protagonist der Linken war. Die Zeitung La Repubblica berichtete, dass Justizminister Angelico Alfano und der Anwalt von Berlusconi bereits daran arbeiteten, ein Gesetz zu entwerfen, das die Verjährungsfristen in bestimmten Fällen verkürzen soll, um so eine Handhabe zu bekommen, den Mills-Prozess abzuwürgen.

In diesem Verfahren läuft derzeit die Berufungsverhandlung in Mailand. Der britische Anwalt David Mills war in erster Instanz wegen Korruption und wegen Falschaussagen bei zwei Prozessen zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Anwalt soll für seine Aussagen von Berlusconi insgesamt 600.000 Dollar erhalten haben. Gegen Ministerpräsident Berlusconi war wegen der Immunitätsregelung, die nun das Verfassungsgericht verworfen hat, keine Anklage erhoben worden.

"Beide schuldig oder beide unschuldig"

Mills selbst hatte diese Woche gesagt, es wäre absurd, und unlogisch, wenn einer verurteilt würde und der andere freigesprochen: "Entweder sind bei dieser Anklage wegen Korruption beide schuldig oder beide unschuldig." Die Anwälte von David Mills haben angekündigt, sie wollten Berlusconi im Berufungsverfahren als Zeugen benennen.

Dagegen hatte sich jedoch Generalstaatsanwältin Laura Bertole Viale in Mailand ausgesprochen. Sie hat außerdem die Bestätigung des Urteils gegen David Mills gefordert, es gebe keinerlei Grund, das Strafmaß herabzusetzen, erklärte sie. Am 27. Oktober soll das Urteil in diesem Prozess gesprochen werden.

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SZ vom 10.10.2009/holz
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