Silvio Berlusconi:Genosse unverdrossen

Lesezeit: 3 min

Er hat's nicht leicht: Silvio Berlusconi wird im Moment von einem aufmüpfigen Adjutanten und einer fordernden Exfrau geplagt, seine Mehrheit im italienischen Parlament wackelt. Aber was soll's? Er gibt sich unverdrossen, hochmotiviert und setzt große Hoffnungen - auf sich.

Er hätte das auch über sich sagen können. Doch in dem Interview, das Italiens Ministerpräsident der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegeben hat, spricht Silvio Berlusconi nicht nur über seine Wenigkeit, sondern auch über seine verkannten Freunde, in diesem Fall den russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin.

"Ich kandidiere auf jeden Fall noch einmal": Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi. (Foto: AFP)

"Putin ist als Person das Gegenteil von dem, wie er in der westlichen Presse dargestellt wird. Er ist sensibel, offen, hat Sinn für Freundschaft, Respekt für jeden, besonders für die einfache Bevölkerung und ein tiefes Verständnis für Demokratie", sagt er über seinen russischen Kollegen.

Ähnliches zumindest behauptet Silvio Berlusconi im FAZ-Interview auch über seine eigene Person - und nutzt die Gunst der Stunde, um sein Bild in der deutschen Öffentlichkeit endlich mal wieder gradezurücken.

"Die Wahrheit ist völlig anders, als es die linke Presse darstellt", kommentiert Berlusconi den Hinweis, dass die italienischen Zeitungen derzeit voll sind von Berichten über neue Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Korruption. "Keiner der Anklagepunkte, derer ich seit 17 Jahren von der Staatsanwaltschaft beschuldigt werde, ist wahr. Tatsache ist, dass ich von linken Richtern angegriffen werde, die ihre Macht für den politischen Kampf rechtswidrig missbrauchen."

In einem Teil der Staatsanwaltschaft sieht der italienische Parteichef einen "Mühlstein", der "auf unserer Demokratie lastet". Mehr als 1000 Staatsanwälte hätten sich schon mit ihm und seinen Unternehmen Mediaset und Fininvest befasst, zählt Berlusconi auf. "Ich habe mehr als 300 Millionen Euro für Rechtsanwaltsgebühren ausgegeben. Dabei wurde ich dann aber nie verurteilt." Es sei bei den Verfahren meist "um die Beeinflussung der Medien" gegangen, "letztlich um lächerliche Vorwürfe".

Das Thema "öffentliche Wahrnehmung" zieht sich wie ein roter Faden durch das Interview - Berlusconi, Herr über ein Medienimperium und seit Jahrzehnten Berufspolitiker, ist schließlich auch Experte auf diesem Gebiet.

Ein ausgewachsenes Imageproblem attestiert er der Europäischen Union: "Die EU zeigt sich weniger als Garant für Frieden und Wohlstand, sondern als Windeladvokat, der nur Kriterienkataloge und Hindernisse zu schaffen scheint", sagt er. Die Kommission müsse sich gegenüber der Bevölkerung besser darstellen.

Berlusconi selbst hat seit Monaten alle Hände voll zu tun, um seine Darstellung in den Medien wieder einigermaßen positiv zu gestalten. In erster Linie wurden nämlich unerfreuliche Dinge über ihn und sein politisches Schaffen bekannt.

"Auf jeden Fall werde ich kandidieren"

Erst am Mittwoch wurde publik, dass Berlusconis Exfrau Veronica Lario erneut eine saftige Unterhaltszahlung von ihrem berühmten Ex-Gatten fordert. 3,5 Millionen Euro monatlich soll ihr Berlusconi in Zukunft überweisen, so heißt es. Lario und Berlusconi waren fast 20 Jahre lang verheiratet, bis der italienischen First Lady im vergangenen Jahr der Kragen platzte, nachdem eine minderjährige neapolitanische Schülerin öffentlich von ihrem guten Verhältnis zu Berlusconi geschwärmt hatte. Der nächste Gerichtstermin findet im Dezember statt.

Anfang Oktober war Berlusconi sein langjähriger Adjutant Gianfranco Fini in den Rücken gefallen mit der Ankündigung, seinem früheren Chef mit einer neuen Partei Konkurrenz zu machen.

Auch wenn Berlusconis Mehrheit deshalb wackelt und es Neuwahlen geben könnte, zeigt er sich betont unverdrossen - und unbeirrbar selbstbewusst: "Auf jeden Fall werde ich kandidieren", versichert Berlusconi, der immerhin schon 74 Jahre alt ist. Alter? Probleme? Gegner? Affären? Alles keine überzeugenden Gründe für ihn, sich zurückzuziehen aus der aktiven Politik und fortan ein nettes Rentnerdasein zu führen.

Ganz im Gegenteil, Berlusconi ist voller Tatendrang: Die neue Partei seines früheren Bündnispartners, so plant er, wird ihren Platz in seiner Koalition finden: "Ich kann mir nur vorstellen, dass Finis Partei unsere Regierung weiter unterstützen wird." Warum auch nicht? Schließlich "ist Italien weiter ein Land mit einer stabilen politischen Führung und einer starken Exekutive, die sich auf die Zustimmung einer breiten Mehrheit stützen kann". Alles paletti also.

Auch in seinen anderen Wirkungsbereichen sieht sich Berlusconi selbstverständlich auf positivem Kurs: Auf die Frage, ob er fürchte, dass die Kreditwürdigkeit Italiens wegen der horrenden Staatsverschuldung in Gefahr gerät, antwortet er: "Natürlich nicht."

Von der Haushaltspolitik könne er "mit Stolz behaupten, dass meine Regierung inmitten der schweren internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise ihre Hausaufgaben gemacht hat". Leider hätten frühere Regierungen ihm eine der höchsten Staatsverschuldungen der Welt vererbt.

Selbst bei den Problemen, die die Nato mit Iran hat, setzt er große Hoffnungen - auf sich: "Als Ältester nach Erfahrung und Lebensalter im Kreis der Regierungschefs sehe ich mich da besonders als Vermittler", betont der 74-Jährige. In der vergangenen Woche hat er in einem Gespräch Chinas Ministerpräsidenten Wen Jiabao schon mal gebrieft. Inhalt des Gesprächs war die Bitte an China, in der Causa Teheran in Berlusconis Sinne Einfluss zu nehmen - Berlusconi rät nämlich zu einem "sanften und umsichtigen Ansatz" an Stelle von Sanktionen.

Das Alter, so lerne man daraus, ist für Berlusconi keine Bürde - sondern nur eine weitere Qualifikation.

© sueddeutsche.de/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi
:Ein Mann, viele Fettnäpfchen

Silvio Berlusconi bezeichnete seine Heimat einst als "Scheißland" und sorgte zuletzt mit einem peinlichen Holocaust-Vergleich für Empörung. Es war nicht das erste Mal, dass der Cavaliere mit peinlichen Sprüchen, seltsamen Ideen oder diplomatischen Patzern Schlagzeilen macht.

über Silvio Berlusconi

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: