Silvio Berlusconi:Frecher, blutiger Sieger

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Silvio Berlusconi ist nicht nur frech. Er weiß, wie man Niederlagen in Siege verwandelt. Mit blutigem Gesicht geht das offenbar besonders gut.

Susanne Klaiber

Frechheit siegt. Silvio Berlusconi siegt regelmäßig. Das scheint logisch, denn Italiens Ministerpräsident ist die personifizierte politische Unverfrorenheit: Er biegt und erlässt als Regierungschef Gesetze gerade so, wie er es als Bauunternehmer und Medienmogul braucht. Immer wieder hat der 73-Jährige so sein Vermögen und seine Freiheit vor der Justiz in Sicherheit gebracht.

Nach dem Angriff auf ihn zeigt sich Silvio Berlusconi noch einmal, um Stärke zu demonstrieren. (Foto: Foto: afp)

Aber Dreistigkeit und permanentes Siegerlächeln allein hätten nicht gereicht, um drei Mal Ministerpräsident zu werden und ein gigantisches Firmenimperium zu beherrschen. Der Mann, der seine Karriere als Unterhalter auf einem Kreuzfahrtschiff begann, versteht es, Niederlagen in Siege zu verwandeln.

Beispiel Sonntagabend: Bei einer Veranstaltung seiner Partei auf der gedrängt vollen Piazza del Duomo in Mailand schleudert ihm ein Mann eine Miniatur des Mailänder Doms ins Gesicht, bricht ihm dabei die Nase an, beschädigt seine Zähne, reißt ihm die Lippe auf. Eine hinterhältige Attacke. Wie Videoaufzeichnungen des italienischen Fernsehens zeigen, wird Berlusconi von seinen Begleitern ins Auto bugsiert, steigt aber kurz darauf wieder aus, lässt sich offenbar hochheben, um sich der Menge zu zeigen.

Die Botschaft ist eindeutig: Mir geht es gut. Ich blute vielleicht, aber der Angriff kann mir nichts anhaben.

Dass der geübte Selbstdarsteller den sicheren Wagen nur verlässt, um die Leute zu beruhigen, ist unwahrscheinlich. Der Medienmogul weiß um die Wirkung von Bildern. Von schwachen Menschen und von starken.

Kleiner Mann mit großer Macht

Genauso souverän ist der kleine Mann mit der großen Macht mit anderen kniffligen Situationen umgegangen. Als das italienische Verfassungsgericht Anfang Oktober ein für Berlusconi und seine Weggefährten maßgeschneidertes Immunitätsgesetz kippt, übt sich der Ministerpräsident nicht etwa in Demut, sondern greift die Justiz an: Praktisch alle Verfassungsrichter seien Linke.

Diese Äußerung ist nicht nur frech. Sie ist der Versuch, wieder einmal eine Niederlage zu verwandeln oder wenigstens zu verschleiern. Bei Kindern würde man das Uneinsichtigkeit nennen oder Trotz. Die Wähler aber legen es Berlusconi der Erfahrung nach als Mut aus. Ist er nicht noch immer ein freier Mann, obwohl er sich schon seit Jahren in unzähligen Verfahren mit den linken Juristen herumschlagen muss? Obwohl sich nach seinen Angaben schon mehr als 900 Richter mit ihm beschäftigt haben?

Nicht neu, aber perfekt

Ähnlich wie Widrigkeiten im eigenen Leben versteht Berlusconi die Probleme anderer wirkungsvoll zu vermarkten. Stichwort G-8-Gipfel im vom Erdbeben zerstörten L'Aquila. Da stand nicht der Berlusconi, der weniger sein Land als seinen Besitz in Schuss hält. Da stand der Tröster, der Helfer, der Mann, der sogar Katastrophen in den Griff bekommt.

Berlusconis Taktik ist weder neu noch einzigartig. Aber er hat sie perfektioniert. Er hat motivierte Anhänger, die vor der Klinik, in der er sich derzeit kuriert, ein Plakat aufgehängt haben: "Die wahren Italiener sind immer bei Dir", steht darauf. Außerdem hat Berlusconi die finanziellen und medialen Mittel, die er braucht. Und die nötige Frechheit.

Im Video: Nach einer Rede in Mailand wurde der italienische Ministerpräsident von einem verwirrten Mann angegriffen und verletzt.

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Nach einer Rede in Mailand schrieb Berlusconi Autogramme und plauderte mit den Zuhörern. Plötzlich warf ihm ein Mann einen Miniatur-Dom ins Gesicht.

Der Angriff in Bildern.

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