Silvio Berlusconi ist wieder da, mit all seinen alten Ticks und abgestandenen Rezepten. Ein Comeback mit 81 Jahren - wer hätte das für möglich gehalten? Als Berlusconi 2011 als Premier stürzte, fanden selbst die Italiener, die ihn drei Mal an die Macht gewählt hatten und ihren Politikern generell manche byzantinische und bizarre Note zugestehen, dass es nun genug sei.
Berlusconi umwehten nicht nur Justizskandale und libidinöse Affären mit jungen bis viel zu jungen Damen. Er hatte das Land auch an den Rand des Bankrotts geführt - fröhlich und sorglos. Der Medienunternehmer war als Macher gescheitert.
Italiens ehemaliger Ministerpräsident:Die Karriere von Silvio Berlusconi
Nach der verlorenen Machtprobe gegen Regierungschef Letta, spaltet Berlusconi die PdL und kehrt mit seinen Anhängern zum Namen "Forza Italia" zurück. Doch dann erhält seine Karriere einen herben Dämpfer: Der Senat schließt den verurteilten Steuerbetrüger aus. Die wichtigsten Stationen seiner aberwitzigen Laufbahn in Bildern.
Es war ein vernichtend tiefer Sturz, sogar den Titel Cavaliere entzog man ihm. Ganz unmöglich, dass er sich davon erholen würde, hieß es. Doch er ist wieder da. Nach einem überlebten Herzinfarkt. Nach einer definitiven Verurteilung wegen Steuerbetrugs, die ihm auch eine langjährige, noch immer laufende Unwählbarkeit eintrug. Doch dann ließ er sich frisch liften und verlor etliche Kilos. Er ist wieder auf Wahlkampfgewicht.
In Sizilien, wo am Sonntag Regionalwahlen stattfinden, haben sie Berlusconi in großen Theatersälen empfangen, als sei die Zeit nicht vorbeigegangen. Er ist ein Star. Wobei man sagen muss, dass die Sizilianer immer eine überschwängliche Leidenschaft hatten für den barocken "Berlusconne", wie sie ihn nennen. Er redete ihnen schon früher nach dem Mund und predigte ihnen nie Moral. Nun verspricht er wieder weniger Steuern für alle, mehr Rente, eine Pension auch für die Mütter, neue Straßen- und Zugverbindungen.
Linke Wähler haben Mühe, Renzi und Berlusconi auseinanderzuhalten
Der Wiedergänger gibt wieder einmal den Fantasten, es ist grotesk. Doch kann man es ihm verdenken? Sein Comeback verdankt Berlusconi der Schwäche seiner Rivalen, am meisten wohl Matteo Renzi. Der junge Florentiner glaubte, er sei schlauer als der alte Mailänder. Renzi verschaffte Berlusconi mit einem gemeinsamen Reformpakt, dem "Patto del Nazareno", wieder Salonfähigkeit. Dann verlor er die Partie um die Reformen ganz allein - bei einem Verfassungsreferendum, das er nicht hätte verlieren dürfen. Viele Italiener, vor allem linke Wähler, haben nun Mühe, Renzi und Berlusconi auseinanderzuhalten. Das schadet vor allem Renzi.
Auch das neue Wahlgesetz - ein Mischmodell aus einem Drittel Mehrheits- und zwei Dritteln Verhältniswahlrecht ohne feste Koalitionen - hilft Berlusconi mehr als allen anderen. Wäre er gezwungen gewesen, ein festes Wahlbündnis mit der europaskeptischen und fremdenfeindlichen Lega Nord einzugehen, hätte das seine zentrale Rolle im rechten Lager unterminiert. Matteo Salvini von der etwas stärkeren Lega hätte ihm die Führungsrolle schon vor den Wahlen streitig gemacht.
Nun kann Berlusconi sein Spiel spielen und muss erst danach entscheiden, mit wem er sich zusammentut - mit Rechtsaußen-Kräften wie früher oder mit den katholischen Zentristen und Renzis Sozialdemokraten.
Noch ist alles offen, klar ist nur: Keine der Großparteien wird es mit dem neuen Wahlgesetz, dem sogenannten Rosatellum, zu einer regierungsfähigen Mehrheit bringen - auch die Protestbewegung Cinque Stelle nicht. Und nur wer bereit ist, im großen Stil Allianzen zu schmieden, hat überhaupt eine Chance, das Land zu regieren. Die Fünf Sterne haben sich bislang jeder Koalition verweigert.
So steht Berlusconi plötzlich wieder mitten im Zentrum der Politik. Gewählt werden kann er nicht: Seine Berufung gegen den Ausschluss von allen Ämtern liegt zur Begutachtung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, und die Richter dort werden wahrscheinlich nicht vor den Parlamentswahlen entscheiden. Doch das stört ihn nicht: Die Schmach des Sturzes ist verwunden, und er spielt wieder mit um die Macht.