Berlin:Silvesterkrawalle: Deutlich weniger Festgenommene

Berlin: Feuerwehrleute löschen an Silvester an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war.

Feuerwehrleute löschen an Silvester an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Die Berliner Polizei hat ihre Zahlen erneut nach unten korrigiert. Wegen Böllerattacken wurden an Silvester demnach 38 Menschen festgenommen, die Mehrheit sind Deutsche.

Nach den Krawallen zu Silvester hatte die Polizei zuletzt von 145 Festnahmen gesprochen. Doch darunter sind offenbar auch andere Delikte gefallen. Jetzt kam heraus: Die meisten Festgenommenen nach Böllerangriffen auf Polizisten und Feuerwehrleute sind deutsche Staatsbürger und jünger als 21 Jahre. Insgesamt sind nach solchen Attacken "nur" 38 Personen festgenommen worden. Zwei Drittel von ihnen sind nach einem Bericht des Tagesspiegels Deutsche.

Die bisher offiziell genannte Zahl von 145 Festgenommenen aus 18 verschiedenen Nationen hatte für eine heftige Debatte über die mangelnde Integration von Migranten in Problem-Stadtteilen wie Neukölln und die bessere Ausstattung von Einsatzkräften gesorgt.

Die hohe Zahl von Festgenommenen hat aber nur bedingte Aussagekraft: Sie bezieht sich nämlich auf alle Menschen, die wegen verschiedener Delikte in der gesamten Stadt festgenommen worden sind - neben Angriffen auf Polizisten auch wegen Brandstiftung, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und Landfriedensbruchs.

Die aktuelle Korrektur der Zahl der Festgenommenen ist bereits die zweite Korrektur. Zuerst war von 159 Festgenommenen die Rede, dann von 145 und jetzt von 38.

Sicher scheint nach Polizeiangaben inzwischen nur eines: Viele Personen, die Polizei und Feuerwehr angriffen, sollen einen Migrationshintergrund haben - nach übereinstimmenden Berichten von Einsatzkräften und belegt durch Videos. Allerdings gab es auch Gruppen von Vermummten, unter denen die Polizei auch Menschen ohne Migrationshintergrund vermutet. Inwieweit die linksradikale Szene beteiligt war, ist völlig offen.

Die Silvesterkrawalle beschäftigen zur Stunde auch den Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Diskussion um die Konsequenzen nach den Krawallen fällt mitten in den Berliner Wahlkampf für die Wiederholungswahl am 12. Februar - und wird damit zum Schwerpunkt der ersten Sitzung des Gremiums im Jahr 2023. Bereits im Vorfeld ist ein Streit um die Form der Aufarbeitung entbrannt. Innenpolitiker der Fraktionen von SPD, Grünen und Linke warfen der CDU-Fraktion Rassismus, Populismus und Wahlkampf statt Interesse an sachlicher Aufklärung vor.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat die Einsatzplanung zur Silvesternacht in der Hauptstadt verteidigt. Die Ausschreitungen und Angriffe auf Einsatzkräfte seien "so weder erwartbar noch prognostizierbar" gewesen, sagte Slowik im Innenausschuss. Insgesamt hätten einschließlich Bundespolizei knapp 3000 Einsatzkräfte zur Verfügung gestanden. Die Polizisten seien je nach Lage umgruppiert worden. Slowik wies auch Kritik zurück, dass ein bereit gehaltener Wasserwerfer nicht eingesetzt worden sei. Ein solcher Einsatz sei bei großen Menschenansammlungen sinnvoll, nicht aber bei kleineren Gruppen, die sich in Straßen schnell bewegten.

Die Polizeipräsidentin schlüsselte zudem die Zahlen zu verletzten Beamten auf: Von 47 Verletzten seien 14 ambulant behandelt worden und 5 vom Dienst abgetreten. Besonders schwer seien die Verletzungen bei einem Beamten gewesen, den ein pyrotechnischer Artikel unter dem Helm getroffen habe. Ein weiterer habe einen unmittelbar aufgesetzten Schuss aus einer Schreckschusswaffe erlitten. Mit 31 Polizisten seien Gespräche zur psychischen Betreuung geführt worden.

Slowik wies auch Kritik daran zurück, dass alle 145 in der Silvesternacht festgenommenen Verdächtigen wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Es gebe nur sehr eingeschränkte Gründe für Gewahrsam, darunter Wiederholungsgefahr. Nur drei Gründe gebe es im Wesentlichen für die Anordnung einer Untersuchungshaft: Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr und die Schwere der Tat, was nur für "Schwerstverbrechen" gelte.

In der Silvesternacht waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, besonders heftig fielen diese in Berlin aus. Polizei und Feuerwehr sprechen von einer neuen Intensität der Gewalt. Nach bisherigen Angaben sind bei der Polizei rund 40 Einsatzkräfte verletzt worden. Bei den Einsätzen der Feuerwehr seien 15 Retter verletzt worden, hieß es.

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