Sieben Tage Krieg in Libyen:Odyssee mit Mandat

Gaddafis Truppen stehen kurz vor der Rebellenhochburg Bengasi, da beginnt der internationale Militäreinsatz: Die Allierten können den Vormarsch stoppen - doch ihr Ziel ist trotz UN-Resolution unklar.

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Frame grab of Saif al-Islam, son of Libyan leader Muammar Gaddafi, speaking during a television interview in Tripoli

Quelle: Reuters

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"In 48 Stunden wird alles vorbei sein" - Siegesicher und gelassen zeigt sich Saif al-Islam, der Sohn von Gaddafi, am 16. März bei einem Interview in Tripolis. Die internationale Gemeinschaft streitet unterdessen noch über die Einrichtung einer Flugverbotszone. "Egal welche Entscheidung getroffen wird, es ist zu spät", urteilt Saif al-Islam Mitte vergangener Woche - etwas vorschnell, wie sich zeigen wird.

Libyan government soldiers celebrate at the west gate of  town Ajdabiya town

Quelle: REUTERS

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Die Truppen von Gaddafi liefern sich zu diesem Zeitpunkt mit den Aufständischen einen blutigen Kampf um Bengasi. Mit Panzern rücken die Soldaten des Regimes in Richtung der Rebellenhochburg vor.

UN Security Council Approves No-Fly Zone For Libya

Quelle: AFP

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Am Donnerstagabend verabschiedet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen schließlich die Resolution 1973, die ein militärisches Eingreifen in Libyen ermöglicht. Der Beschluss beinhaltet neben einer Flugverbotszone auch die Erlaubnis für die Mitgliedsstaaten, "alle erforderlichen Mittel" einzusetzen, um die libysche Zivilbevölkerung zu schützen. Explizit ausgeschlossen ist allerdings der Einsatz von Bodentruppen. Zehn der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats stimmen für die Resolution, fünf enthalten sich - auch Deutschland.

Rebel fighter gestures in front of burning vehicles belonging to forces loyal to Libyan leader Gaddafi after air strike by coalition forces along road between Benghazi and Ajdabiyah

Quelle: REUTERS

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Libyens Machthaber Gaddafi verkündet kurz nach der Verabschiedung einen Waffenstillstand, den er aber nicht einhält. Am Samstagnachmittag (19.3.), nur zwei Tage nach Verabschiedung der UN-Resolution in New York, beginnt der internationale Militäreinsatz - die USA, Großbritannien und Frankreich feuern von Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen aus auf Militärschützpunkte, Panzer und Flugabwehrsysteme von Gaddafi. Auf dem Bild feiern Aufständische den Beginn des Militäreinsatzes vor einem brennenden Fahrzeug von Gaddafi-Anhängern auf der Straße zwischen Bengasi und Adschdabija.

Libyen aktuelle Lage 22.03.2011 Internationaler Militäreinsatz Koalition

Quelle: SZ-Karte

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Wer den internationalen Militäreinsatzes anführt, darüber herrscht lange Verwirrung. Französische Kampfjets haben mit dem Bombardement am Samstagnachmittag begonnen und drängen auf eine internationale Führungsgruppe. Die USA koordinieren zunächst die Luftanschläge, wollen ihre Führungsrolle aber so schnell wie möglich abgeben. Inzwischen ist klar, dass die Nato das Kommando übernimmt. Das Flugverbot wird auch von britischen Streitkräften durchgesetzt, darüber hinaus beteiligen sich zahlreiche andere Staaten: Die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Katar haben französischen Angaben zufolge Kampfflugzeuge bereitgestellt. Auch Italien, Spanien, Kanada, Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande und Griechenland haben Schiffe und Flugzeuge entsendet oder Stützpunkte angeboten.

Arleigh Burke-class guided-missile destroyer USS Barry fires Tomahawk missile at Libya from Mediterranean Sea

Quelle: Reuters

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Allein in den ersten fünf Tagen der Operation "Odyssey Dawn" - wie sie von den Amerikanern genannt wird - haben die Alliierten nach Angaben eines Kommandeurs der britischen Luftstreitkräfte 300 Einsätze geflogen und 162 Tomahawk-Marschflugkörper abgefeuert (auf dem Bild wird eine Rakete vom Lenkwaffenzerstörer USS Barry gezündet). Während zunächst Ziele nahe der Küste im Fokus stehen, weitet das Militärbündnis seine Angriffe zunehmend ins Landesinnere aus. Auch Tripolis ist im Visier. Die französische Luftwaffe soll außerdem einen libyschen Kampfjet abgeschossen haben, als dieser die Flugverbotszone verletzte.

Libyans gather in Benghazi

Quelle: dpa

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Die Anti-Gaddafi-Allianz meldet zügig erste Erfolge: Ein britischer Royal-Air-Force-Kommandeur verkündet, dass die "libysche Luftwaffe als Kampftruppe nicht mehr existiert". Außerdem müssen sich die Regierungstruppen offenbar an einigen Orten zurückziehen. Ein Massaker an Zivilisten sei verhindert worden, erklärt ein französischer Regierungssprecher. "Wenn wir nicht losgeschlagen hätten, wäre Bengasi heute in der Hand Gaddafis", zieht der französische Außenminister Alain Juppé eine erste Bilanz. Auf dem Bild ist zu sehen, wie Demonstranten in Bengasi neben alten libyschen Flaggen auch die "Tricolore", die französische Fahne, durch die Straßen der Rebellenhochburg tragen.

Libyan anti-government forces near Ajdabiya

Quelle: dpa

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Doch damit ist der Krieg in Libyen noch lange nicht beendet. Zwar konnten die Alliierten den Vormarsch der Regierungstruppen teilweise stoppen, doch das politische Ziel ihres Einsatzes ist noch unklar. Die Frontlinie zwischen Rebellen und Regierungstruppen verläuft derzeit bei der ostlibyschen Stadt Adschdabija. Die Aufständischen, die Teile der Stadt kontrollieren, sind wiederholten Angriffen von Gaddafi-Anhängern ausgesetzt. Auch in der Hafenstadt Misrata konnten sie sich trotz Unterstützung durch das internationale Militärbündnis bisher nicht durchsetzen. Die Rebellen sind offenbar schlecht organisiert, verfügen zudem über nur wenige schwere Waffen.

Libya

Quelle: AP

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Panzer von Gaddafis Regierungstruppen trotzen derweil den Luftangriffen, etwa in der Hafenstadt Misrata, wo sie sich schwere Kämpfe mit den Aufständischen liefern. Im Westen Libyens erfährt der Diktator weiterhin viel Unterstützung. Einigen Berichten zufolge, die sich jedoch auf Angaben des Regimes stützen, sollen zumindest Teile des einflussreichen Stammes der Warfallah auch wieder auf Seiten Gaddafis stehen - die Volksgruppe hatte sich zu Beginn der Proteste von Gaddafi abgewendet. Auf dem Bild ist ein Anhänger Gaddafis bei einer von den libyschen Behörden organisierten Fahrt zu einer Demonstration in der Warfallah-Hochburg Bani Walid zu sehen.

Gaddafi speaks to supporters from Tripoli

Quelle: dpa

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Verlässliche Zahlen über Tote und Verwundete seit Beginn des Konflikts gibt es nicht. Im libyschen Staatsfernsehen werden Leichen von Menschen gezeigt, die angeblich bei den Luftangriffen der Alliierten ums Leben gekommen sein sollen. Die Aufständischen sowie das Militärbündnis bestreiten, dass bei den Angriffen Zivilisten getötet wurden. Der US-Fernsehsender CNN berichtet, nach Angaben eines Arztes seien allein bei den seit Tagen andauernden Kämpfen um die Stadt Misrata bisher mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht: Gaddafi zeigt sich bei einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache aus seiner beschädigten Kommandozentrale weiterhin kampfbereit. "Wir werden diese Schlacht gewinnen", erklärt er.

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Quelle: AP

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Wie lange der Militäreinsatz noch dauern wird, das weiß keiner. Die Alliierten hoffen, dass es sich um Wochen, aber nicht um Monate handelt. Die Menschen in Libyen blicken derweil in eine ungewisse Zukunft. Auch das politische Ziel der internationalen Allianz ist nicht klar definiert. Beobachter sprechen von mehreren Szenarien, darunter ein langer Bürgerkrieg, die Spaltung Libyens und Verhandlungen zwischen Regierung und Rebellen. Der Nahost-Experte Udo Steinbach hält es zudem für möglich, dass Gaddafi von den Alliierten bei einem Angriff getötet werde, wobei dann vermutlich von Seiten des Militärbündnis von einem Versehen gesprochen würde. "Das ist eher wahrscheinlich, wenn man ihn nicht anders loswird", sagte Steinbach der Nachrichtenagentur Reuters. Unterdessen müssen sich die Libyer auf andauernde Gefechte einstellen.

© sueddeutsche.de/isch/afp/dpa/ap/rtr
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