Sicherungsverwahrte:Angst und Freiheit

Ein offener Vollzug, wie ihn die Berliner Justiz nun vorsieht, ist richtig.

Von Jan Heidtmann

Ein Sexualstraftäter am Schulweg - das ist der Stoff, aus dem Horrorgeschichten sind. Deshalb ist jeder zu verstehen, den Ängste plagen bei dem Gedanken, dass solche Straftäter in den offenen Vollzug kommen, also ziemlich frei herumlaufen können. Trotzdem ist es richtig, wenn die Berliner Justiz von 2021 an zehn Sicherungsverwahrten diese Chance ermöglichen will.

Da ist erst einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung. 2011 haben die Karlsruher Richter nach neuen Regelungen für die Insassen verlangt, die über die verhängte Haftzeit hinaus im Gefängnis bleiben müssen. Viele Länder haben daraufhin den offenen Vollzug für Sicherungsverwahrte in ihre Gesetze geschrieben. Doch umgesetzt hat das bisher kaum ein Land - politisch gibt es nichts zu gewinnen, und Strafgefangene haben keine starke Lobby. Dass Berlin damit nun Ernst macht, ist auch aus einem anderen Grund richtig: Wer für den offenen Vollzug infrage kommt, wird ohnehin bald entlassen. Je besser er darauf vorbereitet wird, desto besser ist es für die Gesellschaft.

Nur eines darf nicht geschehen: Dass dieses Gesetz vielleicht aus Überzeugung, aber doch schlampig umgesetzt wird. Sollten die Ängste der Anwohner und Eltern wahr werden, wäre das in jeder Hinsicht eine Katastrophe.

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