Sicherheitspolitik:Schlechte Zeit für Kompromisse

De Maiziere Visits GTAZ Anti-Terror Center

Innenminister Thomas de Maizière will effektiver überwachen.

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Die Länder-Innenminister diskutieren Lauschangriffe. Wie dürfen Ermittler Autos von Gefährdern künftig überwachen?

Von Constanze von Bullion, Berlin

Wenn die Innenminister der Länder sich am Donnerstag und Freitag in Leipzig treffen, wird es dort nicht nur um die Frage gehen, ob Straftäter künftig nach Syrien abgeschoben werden sollten oder es der Polizei erleichtert werden könnte, Autos von Gefährdern abzuhören. Die Innenministerkonferenz (IMK) dürfte auch einen Vorgeschmack darauf liefern, wo die Positionen von CDU, CSU und SPD beim Thema Sicherheit und Migration auseinandergehen. Mit Blick auf mögliche schwarz-rote Koalitionsverhandlungen im Bund und angesichts des SPD-Parteitags in Berlin dürfte bei einigen Innenministern unions- und SPD-regierter Länder der Wunsch nach Kompromissen nicht sonderlich ausgeprägt sein. Denn in Leipzig wird beim Streitthema Sicherheit auch Verhandlungsmasse für Regierungsgespräche zwischen Union und SPD geschaffen.

Für Aufregung sorgte schon im Vorfeld der IMK das Vorhaben von Thomas de Maizière (CDU), den Lauschangriff auf Wohnungen und Autos von Verdächtigen zu erleichtern. Der Bundesinnenminister will Hersteller von Alarmanlagen und Sicherheitssystemen verpflichten, mit Sicherheitsbehörden zu kooperieren, damit Verdächtige leichter abgehört werden können. Von SPD, Linken und Grünen erntete er scharfe Kritik: Der Innenminister wolle vom Fernseher über den Kühlschrank bis zum Wagen digital gesteuerte Alltagsgeräte aller Art nutzen, um private Lebensräume komplett zu überwachen, hieß es.

Die Union möchte nach Syrien abschieben, zunächst nur Straftäter. Die SPD lehnt das ab

Das Bundesinnenministerium wies die Vorwürfe als unsachlich zurück. Es gehe nur darum, technische Probleme bei der Überwachung von Straftätern oder extremistischen Gefährdern zu bewältigen. Soll eine Wanze im Auto eines Verdächtigen installiert werden, wird der Wagen von der Polizei heimlich geöffnet. Früher war das technisch simpel, heute erweist es sich oft als Problem für die Beamten. Denn bei intelligenten Smartcars wird jede unautorisierte Öffnung dem Besitzer mit einer SMS mitgeteilt. Ein Straftäter könne sich dann denken, dass er überwacht werde, so der Sprecher des Bundesinnenministeriums. "Um das zu unterbinden, wollen wir eine Mitwirkungspflicht der Hersteller von Sicherheitssystemen erwirken." Hersteller sollten bei einer richterlich genehmigten Abhöraktion die Benachrichtigung des Autobesitzers künftig unterbinden lassen. Auf Fachebene seien Union und SPD sich schon weitgehend einig geworden, hieß es im Bundesinnenministerium. Ob das auch für die politische Ebene bei der IMK gelte, bleibe abzuwarten.

Strittig dürften in Leipzig Abschiebungen nach Syrien bleiben. Derzeit sind sie ausgesetzt. Auf Initiative von Sachsen und Bayern fordern die unionsregierten Länder nun, sie wiederaufzunehmen, sobald es die Sicherheitslage erlaube: "Dabei soll mit Straftätern und Gefährdern begonnen werden", heißt es in ihrer Beschlussvorlage. Die Unions-Innenminister wollen den Abschiebestopp für Syrer nur noch für sechs Monate verlängern statt für ein Jahr.

Neben dem Bundesinnenminister zeigte sich auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hinsichtlich gewünschter Abschiebungen skeptisch. Eine verbesserte Sicherheitslage in Syrien sei nicht zu erkennen. Es dürfe auch nicht der Eindruck erweckt werden, als könne demnächst wieder nach Syrien abgeschoben werden, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD): "Jetzt sind es die Gefährder und als nächstes einfache Straftäter, oder wie?" Die SPD lehne das Vorhaben ab.

Neben Fan-Gewalt in Stadien soll auch die elektronische Fußfessel thematisiert werden. Einige Länder wünschen sich bundesweite Rechtsstandards. Hier kommen Einwände aus Rheinland-Pfalz. Innenminister Roger Lewentz (SPD) hält die Fußfessel "nur in denkbar engen Grenzen" für wirkungsvoll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: