Sicherheitskonzept:2000 Polizisten an Weiberfastnacht

Köln macht ernst im Karnelval. Die Behörden wollen unbedingt verhindern, dass es wieder zu Übergriffen kommt. Richter und Staatsanwälte schieben Sonderschichten - und die Polizei fährt alles auf, was sie hat.

Von Kristiana Ludwig und Susanne Höll, Köln

Der goldbestickte Kragen seines Jackets glitzert bei jeder Bewegung, Christoph Kuckelkorn, der Vizepräsident des Kölner Karnevalkomitees, hat eine rote Fliege um den Hals gebunden und dazu ein schweres Amulett in Form eines Karnevalshuts. Bei der Pressekonferenz zum Straßenkarneval, der am Donnerstag beginnt, sieht er trotzdem nicht aus, als säße er hier als Leiter des Rosenmontagszugs - sondern eher, als sei er in seinem bürgerlichen Beruf unterwegs: als Bestattungsunternehmer. Die Stimmung ist ernst in Köln, Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagt: "Es wird nie eine garantierte Sicherheit geben. Aber es wird alles, was denkbar ist, getan."

Nach den massiven Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht kündigt die Polizei an diesem Montag an, doppelt so viele Polizisten wie in den Vorjahren in den Karneval zu schicken, mehr als 2000 allein an Weiberfastnacht. 350 der etwa 2400 Polizeiauszubildenden, die NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in diesem Jahr in die Karnevalsstädte schickt, werden außerdem die Kölner Polizei unterstützen. Der neue Polizeipräsident Jürgen Mathies will anders als sein nach den Silvestervorfällen geschasster Vorgänger eine Gefangenensammelstelle im Präsidium einrichten.

In Rheinland-Pfalz informiert die Polizei Flüchtlinge mit Infozetteln über die Fastnacht

400 Menschen sollen hier festgehalten werden können, Staatsanwälte und Ermittlungsrichter werden die Karnevalstage über dort auf sie warten. Auch die Bundespolizei wird laut einem Sprecher Bereitschaftspolizisten aus ganz Deutschland der in die rheinischen Bahnhöfe bringen.

Die Stadtverwaltung, sagt deren Direktor Guido Kahlen, setzt alle verfügbaren Mitarbeiter des Ordnungsamts ein und holt Ordnungshüter aus dem Urlaub oder von neuen Verwaltungsjobs zurück auf die Straße. Allein 100 000 Euro plant sie für Überstunden ihrer Mitarbeiter ein, dazu kommen weitere 378 000 Euro für das verschärfte Sicherheitskonzept: Dunkle Ecken will man ausleuchten, eine Anlaufstelle für Frauen schaffen und 23 Streetworker einsetzen, die betrunkene Jugendliche im Blick behalten. Ein Koordinierungsstab soll ständig prüfen, ob in der Stadt Verstärkung benötigt wird.

Die Polizei hat bereits 38 Straftätern verboten, den Karneval zu besuchen, darunter Rocker, Hooligans und Taschendiebe. "Intensivtäter", sagt Polizeipräsident Mathies. Männer, die beschuldigt werden, sich an den Überfällen an Silvester beteiligt zu haben, seien aber bislang nicht darunter. In den vergangenen Jahren, sagt Mathies, seien während des Karnevals im Schnitt 50 Sexualstraftaten angezeigt worden. Dies sei auch in diesem Jahr zu erwarten.

Auch in Rheinland-Pfalz trifft die Polizei nach den Kölner Silvesterereignissen Vorkehrungen, um Bürger anderer Staaten und Schutzsuchende über die für sie mutmaßlich eigentümlichen Gepflogenheiten während der Fastnacht zu informieren und Verhaltensregeln aufzustellen. Etwa 20 Polizisten sollen in Rheinhessen in Begleitung von Übersetzern Flüchtlingsheime besuchen und dort über den richtigen Umgang in den tollen Tagen aufklären.

Verteilt werden auch Info-Blätter, die in deutscher, englischer, französischer und arabischer Sprache Basiswissen vermitteln. Die Fastnacht sei eine fröhliche Angelegenheit, zu der jeder willkommen sei, heißt es da. Üblich sei auch freizügige Kleidung, die aber keinesfalls eine Aufforderung zu Intimitäten sei. Niemand dürfe angefasst werden, sexuelle Gewalt sei verboten, Diebstahl werde nicht toleriert. Ausdrücklich warnt die Polizei in dem Flyer vor Konsequenzen für die Asylbegehren: "Die Begehung von Straftaten kann direkte Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus in Deutschland haben. Täter riskieren das Gastrecht!"

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