Süddeutsche Zeitung

Sicherheitskonferenz:Israel droht Iran mit Angriff

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Die Münchner Tagung endet mit neuen Konflikten: Premier Netanjahu schließt einen Präventivschlag gegen Teheran nicht aus, sollte das Land seine aggressive Politik fortsetzen.

Von Stefan Kornelius, München

Drohungen, Schuldzuweisungen, neue Konflikte - die Münchner Sicherheitskonferenz hat ein düsteres Bild vom Zustand der Welt geliefert und kaum Hoffnung auf Entspannung eröffnet. Der dreitägige Gewaltritt durch die globalen Unruheherde wurde beherrscht von scharfen Kriegsdrohungen Israels gegen Iran und neuen Sanktionsforderungen der USA.

Die Sorge um einen großen Krieg in Nahost und die Zukunft des Nuklearabkommens erhielt neue Nahrung durch einen fulminanten Auftritt des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, der Iran mit einem Militärschlag gegen die durch Teheran gesteuerten Milizen in Syrien, gegen die Hisbollah und möglicherweise gegen das Land selbst drohte. Israel werde nicht zulassen, "dass Iran uns eine Schlinge um den Hals legt", sagte Netanjahu, der eine Art Sicherheitspuffer um Israel forderte. Dem Nuklearabkommen gab er ebenfalls keine Überlebenschance, es werde nicht vernünftig kontrolliert und wirke nicht auf Dauer.

Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sprach daraufhin von einem komödiantischen Zirkus, er verweigerte eine Antwort auf Netanjahu. Indes erhöhten die USA den Druck: Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster forderte besonders Deutschland zu weniger Handel mit Iran auf und stellte das Nuklearabkommen infrage. Iran warf den USA daraufhin vor, sie brächen den Vertrag, in dem die Sanktionsfrage eindeutig geklärt sei.

Auch der frühere US-Außenminister John Kerry, einer der Väter des Nuklearabkommens, warnte die Regierung Trump vor Vertragsbrüchigkeit. Wenn das Abkommen platze, werde man bald wieder Forderungen nach einer Bombardierung hören.

Erstmals trat auf der Sicherheitskonferenz kein US-Minister ans Podium - was von Teilnehmern als sinnfälliges Zeichen des amerikanischen Rückzugs aus der Weltpolitik interpretiert wurde. US-Senatoren und Abgeordnete versuchten allerdings, mit Solidaritätsadressen an Europa dem Eindruck entgegenzuwirken.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow verlor sich in bitteren Anschuldigungen gegen den Westen, beklagte Propaganda gegen sein Land und sprach von Nazi-Methoden. Heftiger Streit um Geschichte und Wahrnehmung entwickelte sich auch zwischen Polen und Israel um das Holocaust-Dekret der Regierung in Warschau.

Der deutsche geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, er habe eine wichtige diplomatische Initiative zur Ukraine aus niedrigen Motiven platzen lassen. Ein Ministertreffen im sogenannten Normandie-Format wurde am Freitagabend aus "Terminschwierigkeiten" verschoben. Gabriel war zur selben Zeit für einen kurzen Auftritt in der Redaktion der Zeitung Die Welt nach Berlin geflogen, wo er nach der Freilassung des Journalisten Deniz Yücel gefeiert wurde. Das Auswärtige Amt sagte, an dem Treffen habe auch der französische Außenminister nicht teilnehmen können. Gabriel zog zudem Kritik der CDU auf sich, weil er vor Wirtschaftsvertretern in Abweichung zum Koalitionsvertrag eine Lockerung der Russland-Sanktionen befürwortet hatte.

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Quelle:
SZ vom 19.02.2018
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