Sicherheitskonferenz:Die Welt sortiert sich in München

Sicherheitskonferenz: US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei ihrer Ankunft in München.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei ihrer Ankunft in München.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Etwa 40 Staats- und Regierungschefs, 1000 Journalisten, 5000 Polizisten: Die Sicherheitskonferenz ist für ein Wochenende das politische Zentrum. Der Westen sucht alte und neue Freunde.

Von Nicolas Freund

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat Grundfeste der internationalen Politik erschüttert, die Auswirkungen zeigen sich auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Fast alle europäischen Staats- und Regierungschefs werden von Freitag bis Sonntag für Vorträge und Diskussionsrunden im Hotel Bayerischer Hof erwartet, hinzukommen Sicherheitsexperten, gut 1000 Journalisten aus der gesamten Welt. Sowie viele außereuropäische Staatenlenker und die amerikanische Vizepräsidentin Kamala Harris, die schon am Donnerstagmorgen in München gelandet ist.

In der Vergangenheit war die Sicherheitskonferenz auch ein Ort, an dem rivalisierende oder verfeindete Mächte miteinander gesprochen oder sogar Abkommen geschlossen haben. Für einen Dialog mit Moskau oder Teheran haben die Veranstalter aber derzeit wohl keinen Raum gesehen. Von der russischen Regierung wurden keine Vertreter eingeladen, ebenso wenig aus Iran, vor allem, um der Propaganda dieser Regime keine Bühne zu bieten. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij wird wahrscheinlich am Freitag per Video zugeschaltet, sein Außenminister Dmytro Kuleba wird persönlich in München sein.

Der chinesische Entsandte wird mit Spannung erwartet

Mit etwa 40 teilnehmenden Staats- und Regierungschefs ist die Sicherheitskonferenz in diesem Jahr ein außergewöhnliches Ereignis. Obwohl bei vielen der angekündigten Tagungspunkte nicht explizit "Ukraine" dabeisteht, ist doch klar, dass sich ein großer Teil der Konferenz um den Krieg und seine Auswirkungen drehen wird. Von nuklearer Abschreckung über Desinformation bis zu sogenannten hybriden Bedrohungen, womit die Vermischung von militärischen Mitteln mit anderen Formen der Kriegsführung, wie Cyberattacken, dem Einsatz von Söldnern oder Propaganda gemeint sind.

Ein überwölbendes Thema ist die Neustrukturierung der globalen, vor allem aber der europäischen Sicherheitsordnung. Wie steht es um das Verteidigungsbündnis Nato mit den Beitrittskandidaten Schweden und Finnland? Wer steht fest auf der Seite des Westens und der Ukraine - und wer tut das nicht? Welche Rolle kann und will Großbritannien - nach dem Brexit und politischen Turbulenzen mit drei Premierministern innerhalb eines Jahres - in der zukünftigen europäischen Sicherheitsarchitektur spielen? Das sind grundsätzliche Fragen, die viele Gespräche bestimmen werden.

Besondere Aufmerksamkeit kommt diesmal den Vertretern aus Afrika, Asien und Südamerika zu. Auch im sogenannten Globalen Süden hat der Krieg in der Ukraine die internationalen Beziehungen neu sortiert. Russland versucht vor allem in Afrika seinen Einfluss zu vergrößern und der Westen erinnert sich gerade an halb vergessene Freunde und Verbündete in Lateinamerika. Mit Ländern, die lange keine große Rolle spielten, werden die diplomatischen Beziehungen intensiviert und teilweise neue Einflusssphären geschaffen.

Obwohl keine Vertreter aus Russland und Iran eingeladen sind, wird es am Rande der Konferenz womöglich trotzdem zum diplomatischen Austausch kommen. Besonders beobachtet werden der amerikanische Außenminister Tony Blinken und der chinesische Entsandte Wang Yi. Blinken hatte vor Kurzem erst wegen der Sichtung eines chinesischen Spionageballons über amerikanischem Territorium eine Reise nach Peking abgesagt. Es bleibt abzuwarten, ob die beiden Großmächte in München das persönliche Gespräch wiederaufnehmen werden.

Sicherheitskonferenz: Erste Demonstranten vor dem Bayerischen Hof.

Erste Demonstranten vor dem Bayerischen Hof.

(Foto: Alexander Pohl/Imago)

Wie in den Jahren zuvor wird die Sicherheitskonferenz auch wieder von Demonstrationen in der Münchner Innenstadt begleitet. Die Protestierenden werfen den Konferenzteilnehmern Kriegstreiberei vor. Fast 5000 Polizisten sind im Einsatz.

Bekannte Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz im Überblick

Unter dem neuen Vorsitzenden Botschafter Christoph Heusgen sind bei der MSC 2023 hochrangige internationale Entscheidungsträger sowie Experten dabei. Neben zahlreichen Staats- und Regierungschef, Ministern sind Vorsitzende und Direktoren zahlreicher Organisationen vor Ort. Wer unter anderem teilnimmt.

Deutsche Bundesregierung

  • Olaf Scholz (Bundeskanzler)
  • Annalena Baerbock (Außenministerin)
  • Robert Habeck (Wirtschaftsminister)
  • Nancy Faeser (Deutsche Innenministerin)
  • Bernd Pistorius (Verteidigungsminister)
  • Cem Özdemir (Landwirtschaftsminister)
  • Karl Lauterbach (Gesundheitsminister)
  • Svenja Schulze (Entwicklungsministerin)

Bundeswehr

  • Alfons Mais (Inspekteur des deutschen Heeres)
  • Ingo Gerhartz (Inspekteur deutschen Luftwaffe)
  • Carsten Breuer (Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr)
  • Jan Christian Kaack (Inspekteur der deutschen Marine)

EU

  • Ursula von der Leyen (EU-Kommissionspräsidentin)
  • Charles Michel (Präsident des Europäischen Rats)
  • Roberta Metsola (EU-Parlamentspräsidentin)
  • Johannes Hahn (EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung)
  • Robert Brieger (Vorsitzender des Militärausschuss der EU)

Europa

  • Emmanuel Macron (Französischer Präsident)
  • Oleksandr Kubrakow (Ukrainischer Vize-Premierminister und Wiederaufbauminister)
  • Dmytro Kuleba (Ukrainischer Außenminister)
  • Wolodymyr Hawrylow (Ukrainischer Vize-Verteidigungsminister)
  • Andrzej Duda (Polnischer Präsident)
  • Mateusz Morawiecki (Polnischer Ministerpräsident)
  • Giorgia Meloni (Italienische Ministerpräsidentin)
  • Sanna Marin (Finnische Ministerpräsidentin)
  • Kyriakos Mitsotakis (Griechischer Ministerpräsident)
  • Ben Wallace (Britischer Verteidigungsminister)
  • Alexander Schallenberg (Österreichischer Außenminister)

International

  • Kamala Harris (US-Vizepräsidentin)
  • Jens Stoltenberg (Nato-Generalsekretär)
  • Yoav Gallant (Israelischer Verteidigungsminister)
  • Tedros Adhanom Ghebreyesus (WHO-Generaldirektor)
  • Karim Ahmad Khan (Chefankläger des Internationalen Gerichtshof)
  • David Beasley (Direktor des UN-Welternährungsprogramms)
  • Fatih Birol (Chef der Internationalen Energieagentur)
  • Jürgen Stock (Interpol-Generalsekretär)
  • Catherine de Bolle (Europol-Direktorin)
  • Filippo Grandi (Hoher Flüchtlingskommissar der UN)
  • Catherine M. Russell (Geschäftsführerin des UN-Kinderhilfswerks)

Hier finden Sie alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Siko.

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