Sicherheit:Reisen ohne Bewegungsprofil

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In Europa gibt es Pläne, Daten von Bahn- und Busreisenden zu speichern. Justizministerin Lambrecht ist dagegen.

Von Jannis Brühl, München

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat Überlegungen kritisiert, Anbieter von Bahn-, Fernbus- und Schiffsreisen zu zwingen, Profile über ihre Passagiere automatisiert an die Polizei weiterzuleiten. Das wäre "ein erheblich weitergehender Eingriff in Grundrechte als nur die Speicherung von Fluggastdaten", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Sie fügte an: "Hier gerät das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit ins Wanken." Es könnten Bewegungsprofile entstehen, auch von völlig unverdächtigen Bürgern.

Derzeit erheben in der EU nur Fluglinien den sogenannten Passenger Name Record (PNR). Sie übermitteln Sicherheitsbehörden für jeden Flug unter anderem Namen und Adresse des Reisenden, Buchungscode, Reiseverlauf, Informationen über Bezahlung sowie Vielflieger-Status, Sitzplatz und Gepäck. So sollen Terroristen und Schwerverbrecher aufgespürt werden. Erfasst wird aber erst einmal jeder Flugpassagier. In Deutschland will das Bundeskriminalamt diese Datensätze bald auch mit speziellen Algorithmen durchleuchten, die vorhersagen sollen, wer in der Zukunft eine Straftat begehen wird.

Nun diskutieren die EU-Staaten in einer Arbeitsgruppe des Europäischen Rates, ob auch Anbieter wie die Deutsche Bahn oder Flixbus solche Daten über ihre Passagiere übermitteln sollen. In einer Sitzung am 3. Juli hatte sich der deutsche Vertreter einem diplomatischen Bericht zufolge "weisungsgemäß ablehnend" verhalten, während Staaten wie Belgien und Finnland für die Ausweitung plädierten. Das Bundesinnenministerium erklärte allerdings, die Bundesregierung habe sich "noch keine Position gebildet". Auch der Vertreter Deutschlands in der Gruppe beklagte das Phänomen, dass Terroristen bei Reisen oft die Verkehrsmittel wechseln. Das erschwere es Ermittlern, sie zu überwachen. Lambrecht sagte nun: "Das Gefühl, dass der Staat weiß, wann ich wohin reise, kann zu gravierenden Einschränkungen der persönlichen Freiheit führen." Sie lobte das derzeitige Buchungssystem der Bahn: "Es ist ein großer Wert, dass wir flexibel reisen können, meist ohne Zugbindung und ohne namensgebundene Tickets. Eine Speicherung der Ticketdaten wäre damit gar nicht möglich."

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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