Sicherheit im Luftverkehr:Liefer- und Fehlerketten

Es ist nicht verwunderlich, dass Paketbomben in Flugzeuge gelangen konnten. Die Sicherheitskontrollen für Frachtgut sind lax. Dabei fliegt ein Großteil der Luftfracht in Passagiermaschinen mit.

Jens Flottau

Dass es ausgerechnet die beiden amerikanischen Express-Dienstleister UPS und FedEx erwischt hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Lange Zeit hatten beide Konzerne dafür geworben, dass Fracht aus Sicherheitsgründen besser nicht in Passagierflugzeugen befördert werden sollte - wovon sie selbst sehr profitiert hätten, weil sie große eigene Frachterflotten betreiben. Nun aber haben es Terroristen geschafft, Bomben an Bord ihrer Flugzeuge zu bringen. Der Sprengstoff wurde glücklicherweise entdeckt - aber nicht wegen der guten Sicherheitskontrollen, sondern aufgrund geheimdienstlicher Hinweise.

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Fracht, die in Flugzeuge verladen wird, ist längst nicht immer kontrolliert.

(Foto: ddp)

Kein Wunder, dass der Fall nun eine breite Diskussion über das Sicherheitsniveau der gesamten Luftfrachtbranche ausgelöst hat. Neben den Express-Fliegern gibt es dort Spezialfirmen, die jeden Tag riesige Mengen an Industriegütern transportieren. Ein großer Teil der Fracht wird aber auch an Bord von Passagierflugzeugen geflogen. Bei der Lufthansa beispielsweise liegt dieser Anteil bei rund 50 Prozent. Und anders als bei den Passagieren, von denen jeder eine Sicherheitskontrolle passieren muss, werden längst nicht alle Frachtsendungen kontrolliert. Die Branche stellt sich schon darauf ein, dass die Bombenfunde nicht ohne Konsequenzen bleiben werden. Die Industrie rechnet nun mit strengeren Auflagen und deutlich höheren Kosten.

Das Problem ist: Die Luftfrachtbranche lebt davon, dass sie hochkomplexe Logistikprozesse sehr schnell abwickelt. Die strengsten Vorschriften gelten in den USA. Sie besagen, dass alle Sendungen, die Amerika in Passagiermaschinen erreichen, auf Sprengstoff hin untersucht werden müssen. In Europa aber wird der Unterschied zwischen Fracht- und Passagiermaschinen nicht gemacht; im Gegenteil: Die EU hat es den Firmen leichter gemacht. Seit diesem Jahr gilt eine neue Verordnung, die eine "sichere Lieferkette" und gleichzeitig den schnellen Warenumschlag gewährleisten soll.

Seither muss etwa Lufthansa Cargo die Fracht nicht mehr selbst durchleuchten, wenn der Spediteur als sicher gilt, der die Waren angeliefert hat. Die Spedition soll sicherstellen, dass ihre Kunden vertrauenswürdig sind. Am ehesten funktioniert das noch, wenn zum Beispiel Nokia Tausende Handys von einem Lieferanten in China nach Europa transportieren lässt oder Volkswagen Fahrzeugkomponenten für ein Werk in Südamerika. Dann ist die Kette der Beteiligten überschaubar. Ist der Versender jedoch unbekannt, wird er als nicht sicher eingestuft, womit die Fracht kontrolliert werden muss.

Offenkundig funktioniert das System aber nicht mehr, wenn wie bei FedEx oder UPS praktisch jeder an jedem beliebigen Ort ein Paket abholen lassen kann. Das Sicherheitskonzept der beiden Konzerne fußt unter anderem darauf, dass die Kundendaten für jede einzelne Sendung bekannt und mögliche Täter darüber im Zweifel identifizierbar sind. Doch im Jemen haben nun Terroristen nach Angaben von Sicherheitsbehörden Kundendaten gekapert - die zunächst verdächtigte 22-jährige Studentin musste aus der Haft freigelassen werden.

Was genau die Paketdienste für die Sicherheit tun, ist streng geheim. Aber auch sie müssen Branchenkreisen zufolge nicht jede Sendung kontrollieren. In Deutschland etwa gilt die Vorschrift, dass Großkunden von lückenlosen Kontrollen ausgenommen sind. Jetzt werden auch hier zu Lande schärfere Auflagen gefordert, zumal eines der Päckchen am Flughafen Köln/Bonn umgeladen wurde. Das Wichtigste aber sei, so ein Branchenkenner, dass die Sicherheitsstandards an den Ausgangsorten weltweit verbessert werde. Beim Umladen war der Fehler schon längst passiert.

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